BGH kippt Vorfälligkeitsklausel der Volksbanken

Mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 03.12.2024 (Aktenzeichen: XI ZR 75/23) hat der Bundesgerichtshof eine von vielen Volks- und Raiffeisenbanken verwendete Vorfälligkeitsklausel gekippt, da dort  bei der Schadensberechnung in zeitlicher Hinsicht auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstellt. Dies ist nach Ansicht des BGH unzureichend im Sinne des § 502 BGB.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Die Parteien schlossen am 6./17. Dezember 2018 einen Immobiliar-Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 170.000 €. Sie vereinbarten einen bis zum 31. Dezember 2028 gebundenen Sollzinssatz in Höhe von 2,0% p.a., zahlbar in 247 Monatsraten zu je 840 € ab dem 31. Januar 2019 und einer Schlussrate in Höhe von 401,51 €. Der Darlehensvertrag sieht für den Zeitraum der Sollzinsbindung ein jährliches, nicht auf Folgejahre übertragbares Sondertilgungsrecht von bis zu 17.000 € vor.

 

Am 5./7. Februar 2019 schlossen die Parteien einen weiteren ImmobiliarDarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 20.000 €. Sie vereinbarten einen bis zum 31. Januar 2029 gebundenen Sollzinssatz in Höhe von 3,5% p.a., zahlbar in 170 Monatsraten zu je 150 € ab dem 28. Februar 2019 und einer Schlussrate von 115,30 €. Der Darlehensvertrag sieht für den Zeitraum der Sollzinsbindung ein jährliches, nicht auf Folgejahre übertragbares Sondertilgungsrecht von bis zu 2.000 € vor.

 

In den Darlehensverträgen heißt es jeweils unter anderem:

 

„4 Darlehensrückzahlung und Laufzeit

(…) Vertragslaufzeit Auf Basis der vereinbarten Konditionen ergibt sich eine voraussichtliche Vertragslaufzeit von [20 Jahren und 8 Monaten bzw. 14 Jahren und 3 Monaten]. Zinssatz- und Tilgungsänderungen können zu Änderungen der Ratenhöhe und der Anzahl und damit zur Veränderung der anfänglich vereinbarten Darlehenslaufzeit führen. Das Kapitalnutzungsrecht des vereinbarten Darlehens bleibt bei vertragsgemäßer Erfüllung für den gesamten, zur vollständigen Tilgung benötigten Zeitraum erhalten.

 

7 Vorzeitige Rückzahlung

Der Darlehensnehmer kann seine Verbindlichkeiten im Zeitraum der Sollzinsbindung nur ganz oder teilweise vorzeitig erfüllen, wenn ein berechtigtes Interesse des Darlehensnehmers besteht. Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung fällt eine Vorfälligkeitsentschädigung nach Ziffer 8 an.

 

8 Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)

 

Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vergleiche Ziffer 7 dieses Vertrags) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vergleiche Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden. Danach wird berücksichtigt:

- Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Hypothekenpfandbriefrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallene Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktive Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt.

- Daneben wird der Darlehensgeber ein angemessenes Entgelt für den mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens verbundenen Verwaltungsaufwand verlangen.

Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.“

 

In Ziffer 8 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen heißt es jeweils:

 

8 Außerordentliche Kündigung des Kreditnehmers:

Eine fristlose Kündigung kann der Kreditnehmer nur dann aussprechen, wenn hierfür ein wichtiger Grund vorliegt, der es dem Kreditnehmer – auch unter angemessener Berücksichtigung der berechtigten Belange der Bank – unzumutbar werden lässt, den Kreditvertrag fortzusetzen.

Der Kreditnehmer kann einen Kreditvertrag, bei dem ein gebundener Sollzinssatz vereinbart und der Kredit durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, nach Ablauf von sechs Monaten nach vollständigem Empfang des Kredits unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Kreditnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Kredits beliehenen Sache hat.“

 

Für die auf Wunsch der Kläger erfolgten vorzeitigen Darlehensrückzahlungen stellte ihnen die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.550,36 € und 7.304,39 € in Rechnung. Die Kläger zahlten unter Vorbehalt 8.550,36 € und 1.498,54 €.

 

Die Klage, gerichtet auf Zahlung von 10.048,90 € nebst Verzugszinsen und Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, hatte erstinstanzlich (Landgericht Frankenthal, Aktenzeichen:7 O 60/21) Erfolg. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das OLG Zwekbrücken (Aktenzeichen: 7 U 14/22) hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten als begründet angesehen und im Übrigen zurückgewiesen. Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag auch im Übrigen weiter.

 

 

Der BGH begründete sein Urteil wie folgt:.

[...]

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass ein Anspruch der Beklagten auf die Vorfälligkeitsentschädigungen nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen war und die Kläger diese deshalb ohne rechtlichen Grund gezahlt haben. Die Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

 

1.

In einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag muss der Darlehensnehmer gemäß Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB klar und verständlich über die Voraussetzungen und die Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung informiert werden. Ist die Information über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend, ist gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen. § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB bestimmt, dass der Darlehensgeber im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen kann, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet (Senatsurteil vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 42). Weitergehende Vorgaben zur Berechnungsmethode lassen sich dem Gesetz nicht entnehmen (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2024 – XI ZR 159/23, BGHZ 240, 38 Rn. 20).

 

Aus den Gesetzgebungsmaterialien folgt, dass es dem Gesetzgeber auch im Anwendungsbereich von Immobiliar-Verbraucherdarlehen angesichts der Bedeutung des Rechts auf vorzeitige Rückzahlung für den Darlehensnehmer sinnvoll erschien, diese Informationen im Vertrag selbst zu geben, um damit von vornherein Transparenz hinsichtlich der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung sicherzustellen (BT-Drucks. 18/5922, S. 91, 116). Aufgrund dessen sollte sich der Darlehensgeber bereits vor Vertragsschluss auf die anzuwendende Berechnungsmethode festlegen, wobei die Gesetzesbegründung insoweit auf die vom Senat unter anderem im Urteil vom 1. Juli 1997 (XI ZR 267/96, BGHZ 136, 161, 168 ff.) für zulässig erachteten Berechnungsmethoden Bezug nimmt (BT-Drucks. 18/5922, S. 116). Weitere Angaben zur inhaltlichen Reichweite der Information sind der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen.

 

Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es nach ständiger Senatsrechtsprechung, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (Senatsurteile vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18, BGHZ 224, 1 Rn. 45 mwN und XI ZR 11/19, juris Rn. 42). Die Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel ist nicht erforderlich (Senatsurteile vom 5. November 2019 – XI ZR 650/18 aaO Rn. 44 und XI ZR 11/19 aaO Rn. 41; Senatsbeschluss vom 11. Februar 2020 – XI ZR 648/18, juris Rn. 19). Fehlende oder fehlerhafte Angaben zur Berechnung führen zum Anspruchsausschluss (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310 Rn. 28; Jungmann in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 56 Rn. 756; MünchKommBGB/Weber, 9. Aufl., § 502 Rn. 14; Müller-Christmann in Ellenberger/Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 4. Aufl., § 502 Rn. 18 ff.; BeckOGK BGB/Knops, Stand: 15.8.2024, § 502 Rn. 64; Rösler/Wimmer/Lang, Vorzeitige Beendigung von Darlehensverträgen, 2. Aufl., Rn. 489 f.). Abzustellen ist auf einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 28. Juli 2020 – XI ZR 288/19, BGHZ 226, 310 Rn. 22 und vom 27. Februar 2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 38).

 

2.

Nach diesen Maßgaben ist die streitgegenständliche Klausel, die bei der Schadensberechnung in zeitlicher Hinsicht auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstellt, unzureichend im Sinne des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

 

a)

Nicht zu beanstanden ist allerdings der erste Teil der Klausel, wonach im Fall der vorzeitigen Rückzahlung oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen hat, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht, und bei der Berechnung dieses Schadens der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen wird, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden (vgl. Senatsurteile vom 7. November 2000 – XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5, 10 ff. und vom 12. März 2024 – XI ZR 159/23, BGHZ 240, 38 Rn. 14 und 16).

21b) Die vorliegende Erläuterung der Aktiv-Passiv-Methode ist dagegen für einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher im Hinblick auf den für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgeblichen Zeitraum unrichtig bzw. zumindest irreführend.

 

aa)

Nach der ständigen Senatsrechtsprechung ist der Zinsschaden lediglich für den Zeitraum rechtlich geschützter Zinserwartung ersatzfähig (Senatsurteile vom 12. März 1991 – XI ZR 190/90, WM 1991, 760, 761, vom 8. FebruarXI ZR 313/98, WM 2000, 718, 719, vom 7. November 2000 – XI ZR 27/00, BGHZ 146, 5, 11 f. und vom 12. März 2024 – XI ZR 159/23, BGHZ 240, 38 Rn. 17). Eine rechtlich geschützte Zinserwartung besteht bis zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt des Rückzahlungsanspruches oder, wenn dieser zeitlich früher liegt, bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der nächsten zulässigen Kündigung, also insbesondere bis zum Ablauf eines gegebenenfalls vereinbarten Zinsfestschreibungszeitraums (Senatsurteil vom 12. März 2024 aaO), wobei die erstmalige Kündigungsmöglichkeit des Darlehensnehmers nach zehn Jahren (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB) die Obergrenze darstellt (Senatsurteil vom 19. Januar 2016 – XI ZR 388/14, BGHZ 208, 290 Rn. 25 mwN).

 

bb)

Entgegen der Auffassung der Revision versteht ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Verbraucher vorliegend die gegenständlichen Vertragsbedingungen dahingehend, dass mit „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ die noch verbliebene Gesamtlaufzeit der Darlehen, nicht aber der Zeitraum der rechtlichen geschützten Zinserwartung bezeichnet wird.

 

Der Verbraucher begreift „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ als „restliche Laufzeit“ des geschlossenen Vertrags im Sinne der (gesamten) Vertragslaufzeit, nicht aber als durch Zinsvereinbarungen oder durch das Gesetz näher bestimmte Zeitabschnitte desselben. Denn eine Definition der „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ erfolgt in den Vertragsbedingungen nicht, während die „Vertragslaufzeit“ in Ziffer 4 des Darlehensvertrags in räumlichem Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Klausel erläutert wird, wobei auf die voraussichtliche Gesamtlaufzeit des Darlehens abgestellt und diese nach Jahren und Monaten angegeben wird. Anknüpfungspunkte für den Verbraucher, dass sich die „(Rest-)Laufzeit“ nicht auf die zuvor definierte „(Vertrags-)Laufzeit“ bezieht, liegen nicht vor (vgl. OLG Saarbrücken, WM 2023, 1877 Rn. 58 ff.; LG Bonn, Urteil vom 22. Dezember 2022 – 17 O 89/22, juris Rn. 36 ff.; LG Darmstadt, Urteil vom 14. Juni 2022 – 13 O 6/22, juris Rn. 40 ff.; LG Hamburg, Urteil vom 6. Juli 2023 – 302 O 24/23, juris Rn. 40 ff.; LG Konstanz, Urteil vom 8. Dezember 2020 – 4 O 155/20, juris Rn. 50; BeckOGK BGB/Knops, Stand: 15.8.2024, § 502 Rn. 66; Jungmann in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 56 Rn. 756; aA OLG Celle, Urteil vom 16. August 2023 – 3 U 8/23, juris Rn. 37; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2021, 2118, 2119; OLG Stuttgart, Urteil vom 23. Februar 2022 – 9 U 168/21, juris Rn. 52 ff.; LG Saarbrücken, ZIP 2022, 2126, 2128).

25Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus den in der streitgegenständlichen Klausel befindlichen Verweisen auf Ziffer 7 des Darlehensvertrags und Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen für Kredite und Darlehen. In letzterer wird die Zulässigkeit einer außerordentlichen Kündigung des Darlehensnehmers bei Vorliegen eines berechtigten Interesses erläutert, während in ersterer die Modalitäten der vorzeitigen Darlehensrückführung bestimmt werden. Es geht jeweils um das „Ob“ einer vorzeitigen Vertragsbeendigung, Regelungen zu den Rechtsfolgen enthalten diese Klauseln nicht. Soweit Ziffer 7 des Darlehensvertrags für die vorzeitige Rückzahlung auf den „Zeitraum der Sollzinsbindung“ abstellt, kann der Verbraucher zwar daraus folgern, dass sich das dort geregelte Recht zur vorzeitigen Rückzahlung auf eben diesen Zeitraum bezieht; dass darüber hinaus der in der nachfolgenden, streitgegenständlichen Klausel bezeichnete Zeitraum der „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ für die Schadensberechnung ebenfalls (nur) den Zeitraum der Sollzinsbindung meint, kann der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Verbraucher einer Zusammenschau der beiden Klauseln aber nicht entnehmen (vgl. OLG Saarbrücken, WM 2023, 1877 Rn. 62; LG Bonn, Urteil vom 22. Dezember- 17 O 89/22, juris Rn. 41 ff.; LG Darmstadt, Urteil vom 14. Juni 2022 – 13 O 6/22, juris Rn. 41; aA OLG Celle, Urteil vom 16. August 2023 – 3 U 8/23, juris Rn. 37; OLG Frankfurt am Main, ZIP 2021, 2118, 2119).

 

c)

Es kann dahinstehen, ob zur Rechtfertigung eines Anspruchsausschlusses nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine fehlerhafte Angabe zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung eine hinreichende Schwere aufweisen muss (so OLG München, Beschluss vom 25. Oktober 2023 – 19 U 1861/23, juris Rn. 108; Erman/Nietsch, BGB, 17. Aufl., § 502 Rn. 11; Freckmann, WuB 2021, 1, 3; Hölldampf, WM 2021, 325, 330; vgl. auch Müller-Christmann in Ellenberger/ Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 4. Aufl., § 502 Rn. 20 Fn. 31). Eine solche liegt hier vor. Die streitgegenständliche Klausel erweckt den Eindruck, dass sich der Zinsschaden nicht nach einer Laufzeit von maximal 10 Jahren und 6 Monaten, sondern nach den deutlich längeren Vertragslaufzeiten berechnet. Dies hat nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung und ist geeignet, einen Verbraucher von der Ausübung seines Rechts auf vorzeitige Rückzahlung abzuhalten.

 

d)

Der den Klägern nach § 493 Abs. 5 BGB zustehende Anspruch auf Information zur Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, zur Höhe des Rückzahlungsbetrages und zur Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung ändert an diesem Ergebnis nichts. § 493 Abs. 5 BGB betrifft den Fall, dass der Verbraucher im weiteren Verlauf der Vertragsbeziehung beabsichtigt, das Darlehen vorzeitig zurückzuführen, während Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB auf die Herstellung von Transparenz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzielen (BT-Drucks. 18/5922, S. 116).

 

Vorinstanzen:

LG Frankenthal, Entscheidung vom 16.12.2021 – 7 O 60/21 –

OLG Zweibrücken, Entscheidung vom 22.03.2023 – 7 U 14/22 -