Das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. hat mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 22.09.2020 (Az.: 10 U 188/19) klargestellt, dass ein Widerruf wegen des europarechtswidrigen Kaskadenverweises zumindest in den Fällen möglich ist, in denen die Bank ihre Kunden nicht gemäß dem gesetzlichen Muster belehrt hat.
Zur Begründung führte der Senat u.a. aus:
"Die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation enthält den sogenannten Kaskadenverweis. Wie der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 6.3.2020 entschieden hat, entspricht eine solche Information, die auf andere nationale Vorschriften verweist, nicht den Anforderungen des Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie (Az.: C-66/19, juris). Die deutschen Gerichte müssen das inländische Recht jedoch richtliniengemäß auslegen. Die deutschen Gerichte haben eine Auslegungsmöglichkeit hinsichtlich der Anforderungen an die Widerrufsinformation, weil diese gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB „klar und verständlich“ sein muss. Nach der bindenden Auslegung des Art. 10 Abs. 2 Buchst. p) der Verbraucherkreditrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof genügt die von der Beklagten verwendete Formulierung diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall entfällt eine Auslegungsspielraum für die deutschen Gerichte auch nicht deshalb, weil Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB vorsieht, dass eine dem Muster nach Anl. 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entsprechende Information den Anforderungen des § 6 Sätze 1 und 2 genügt. Diese innerstaatliche gesetzliche Regelung ist zwar selbst nicht auslegbar (zum ganzen BGH, Urteil vom 30.3.2020 – XI ZR 198/19, juris Rn. 10-13). Die gesetzliche Regelung der Gesetzlichkeitsfiktion greift indes hier nicht ein, weil die Widerrufsinformation der Beklagten dem gesetzlichen Muster nicht entspricht. Sie ändert in nicht mehr nur unerheblichem Umfang das Textmuster ab, indem sie hinter dem Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB drei andere Bespiele aufführt. Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion sind gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB Abweichungen von dem Muster in Format und Schriftgröße unschädlich. Dagegen verliert der Unternehmer die Schutzwirkung, wenn er das gesetzliche Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, unabhängig von Gewicht und Kausalität der Änderung (Grüneberg, BKR 2019,1, 4 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist somit nicht maßgeblich, dass die Information nicht dadurch unrichtig oder unklar würde. Es reicht aus, dass der Aussageinhalt des Musters verändert wird. Dies ist bei der Wahl anderer Beispiele für die mitzuteilenden Pflichtangaben der Fall."
Stellungnahme der Kanzlei Stenz und Rogoz:
In sehr vielen Darlehensverträgen haben sich Kreditinstitute nicht akribisch an das gesetzliche Belehrungsmuster gehalten. Bereits kleine textliche Abweichungen genügen damit, um einen Widerruf zu ermöglichen. Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. betrifft allgemeine Darlehensverträgen (also z.B. Pkw-Finanzierungen, Konsumkredite etc.). Inwieweit Gerichte diese Rechtsprechung auf Immobiliardarlehensverträge übertragen, bleibt abzuwarten.
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Das Urteil im Volltext lautet [Die Nummerierung des Tenors erfolgte nach Maßgabe des OLG Frankfurts]:
1. Auf die Berufung der Beklagten und der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 6.8.2019, Az.: 1 O 29/19, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1.b) Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 20.103,76 € zu zahlen.
1.c) Die Beklagte wird verurteilt, die Kläger von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.100,51 € freizustellen.
3. Es wird festgestellt, dass sich der Klageantrag zu 1. (Anspruch auf Rückzahlung der bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen in Höhe von 17.855,00 €) und der Klageantrag zu 3. (Feststellung, dass der Beklagten seit dem 1.5.2018 keine Zins- und Tilgungsleistungen auf das Darlehen Nr. … mehr zustehen) in der Hauptsache erledigt haben.
Die Kläger werden auf die Widerklage verurteilt, an die Beklagte Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeugs Marke1 Modell1, FIN: … in Höhe von 12.500,00 € zu leisten.
Im Übrigen werden Klage und Widerklage abgewiesen und werden die Berufungen der Parteien zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen.
[...]
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 65.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages und eines Kraftfahrzeugkaufvertrages.
Die Kläger schlossen im September 2015 mit der Beklagten einen Verbraucherdarlehensvertrag zur teilweisen Finanzierung eines Pkw Marke1. Verkäuferin war die Autohaus X GmbH. Auf den Darlehensvertrag wird Bezug genommen (Anlage K1). Die Beklagte zahlte den Darlehensbetrag an die Verkäuferin aus. Mit Schreiben vom 1.5.2018 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung (Anlage K3), was die Beklagte zurückwies (Anlage K4).
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, sie hätten noch im Jahr 2018 von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können. Ihnen seien die erforderlichen Vertragsdokumente nicht zur Verfügung gestellt worden. Zudem hätten sie nicht alle Pflichtangaben vollständig erhalten.
Mit der Klage habe sie die Rückerstattung der bis zum Widerruf geleisteten Zins-und Tilgungsleistungen (18.556,69 €) Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs, Rückgewähr der nach dem Widerruf gezahlten 970,00 €, die Feststellung, dass der Beklagten seit dem 1.5.2018 keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr zustehen, die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs in Annahmeverzug befinde und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten begehrt.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat hilfsweise widerklagend die Feststellung verlangt, dass die Kläger Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeugs zu leisten haben.
Wie die Beklagte mit nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht eingegangenem Schriftsatz vom 30.7.2019 vorgetragen hat, haben die Kläger das Fahrzeug an die Y zum Preis von 17.855,00 € verkauft. Die Käuferin bezahlte auf Anweisung der Kläger am 18.7.2019 die Restforderung der Beklagten aus dem Darlehensvertrag in Höhe von 17.193,76 €.
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Der Klageantrag auf Feststellung, dass der Beklagten seit dem 1.5.2018 keine Zins- und Tilgungsleistungen auf das Darlehen mehr zustehen (Klageantrag zu 3.), sei zulässig und begründet. Die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht abgelaufen gewesen, denn die Beklagte habe den Klägern jedenfalls noch nicht alle erforderlichen Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt. Die Erteilung von Pflichtangaben in den vorvertraglichen Europäischen Standardinformationen (nachfolgend ESI) sei unerheblich. In dem Darlehensvertrag fehle es an einem klaren und prägnanten Verweis auf die einschlägigen spezifischen Abschnitte in den ESI. Dafür sei nicht ausreichend, dass die Kläger mit ihrer Unterschrift den Erhalt der ESI bestätigt haben, auch nicht mit dem Zusatz „der zu diesem Vertrag dazugehörigen Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“. Dass die Informationen zu dem Vertrag gehörten, solle nicht bedeuten, dass sie Vertragsbestandteil seien. Es sei daher nicht ausreichend, dass etwa die Pflichtangaben betreffend den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallende Verzugskosten lediglich in den ESI, nicht aber in dem Darlehensvertrag enthalten seien. Die Angabe im Darlehensvertrag, dass der Kreditgeber bei Zahlungsverzug berechtigt ist, „Ersatz des Verzugsschadens gemäß den gesetzlichen Bestimmungen“ zu verlangen, sei nicht ausreichend. Die Angabe sei zu allgemein und nicht auf die Höhe des Verzugszinses bezogen. Die Kläger hätten Anspruch auf Zahlung der von ihnen unstreitig bis zum Zeitpunkt des Widerrufs geleisteten 18.556,69 € (Klageantrag zu 1.). Die nach Widerruf gezahlten 970,00 € seien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB mangels Rechtsgrundes für das Behalten der Zahlung zu erstatten (Klageantrag zu 2.). Unbegründet sei der Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Klageantrag zu 5.). Für einen Verzugsanspruch fehle es an einer Mahnung, die auch nicht aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 2.7.2018 entbehrlich gewesen sei. Die Hilfswiderklage, jedoch nur soweit der Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt worden war, habe Erfolg. Sie sei gemäß §§ 358 Abs. 4, 357c S. 3, 357 Abs. 7 BGB begründet. Für die Rückabwicklung des verbundenen, aber nicht widerrufenen Vertrages sei der Gegenstand dieses Vertrages maßgeblich. Da die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme und Nutzung des finanzierten Fahrzeugs über einen Zeitraum von 2,5 Jahren bis zum Widerruf über die notwendige Prüfung hinausgehe, sei die Voraussetzung des § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB erfüllt. Der Vortrag der Beklagten mit dem nach der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz, dass die Kläger mittlerweile das Fahrzeug verkauft hätten, sei nach § 296a ZPO unbeachtlich und mache auch eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht notwendig. Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz, der vom Landgericht festgestellten Tatsachen sowie die Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidung verwiesen (Bl. 85-90 Rs. d.A.).
Gegen das ihr am 8.8.2019 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, den 9.9.2019 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist bis zum 8.11.2019 verlängert worden. Die Berufungsbegründung ist per Telefax laut Empfangsvermerk am 9.11.2019 0.00 Uhr beim Berufungsgericht eingegangen (Bl. 111 d.A.). Durch Beschluss vom 22.6.2020 ist der Beklagten Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist gewährt worden.
Die Beklagte rügt, dass das Landgericht die mündliche Verhandlung nicht wiedereröffnet habe, obwohl die unstreitige Tatsache, dass die Kläger das finanzierte Fahrzeug an einen Dritten verkauft hätten, für eine sachgerechte Entscheidung erforderlich gewesen wäre. Entsprechend dem Schriftsatz vom 30.7.2019 (mit Korrektur vom 31.7.2019) hätte sie (Beklagte) ihre hilfsweise geltend gemachten Ansprüche beziffern können. Hinzukomme, dass das Landgericht den Annahmeverzug mit der Rücknahme des Fahrzeugs festgestellt habe, so dass die Kläger eine Vollstreckung durchführen könnten, ohne ihr das Fahrzeug übergeben zu müssen, was sie aufgrund der Veräußerung nicht mehr könnten. Die Kläger hätten den Verkauf des Fahrzeugs als Eigentümer vorgenommen, die sie bei Aufrechterhaltung ihres Widerrufs nicht gewesen wären. Die Aufrechterhaltung ihrer entsprechenden Klageanträge sei daher rechtsmissbräuchlich. Sie habe den Klägern alle notwendigen Informationen zutreffend erteilt. Diese seien in dem Kreditvertrag und den mit diesem verbundenen ESI enthalten gewesen. Letztere seien durch den ausdrücklichen Vermerk mit dem Kreditvertrag verbunden gewesen, dass die ESI zu diesem Vertrag gehören. Bezüglich der Höhe der Verzugszinsen sei der Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen ausreichend. Die Ermittlung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zinssatzes sei dem verständigen Verbraucher möglich und zumutbar.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Wiesbaden vom 6.8.2019, Az.: 1 O 29/19, die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
darüber hinaus im Wege der am letzten Tag der Berufungserwiderungsfrist eingegangenen Anschlussberufung,
unter Abänderung des Urteils des LG Wiesbaden vom 6.8.2019, Az.: 1 O 29/19
der Klage, soweit diese abgewiesen wurde, in folgendem Umfang stattzugeben:
Die Beklagte wird verurteilt, an sie (Kläger) 701,69 € zu zahlen;
die Beklagte wird verurteilt, an sie (Kläger) 20.103,76 € zu zahlen;
die Beklagte wird verurteilt, sie (Kläger) von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.679,02 € freizustellen;
die Widerklage der Beklagten abzuweisen.
Soweit der erstinstanzliche Klageantrag zu 1. über den obigen Antrag hinausgeht, sowie hinsichtlich der erstinstanzlichen Klageanträge zu 3. und 4. erklären die Kläger den Rechtsstreit für erledigt, da sie das Fahrzeug nach der mündlichen Verhandlung in I. Instanz zu einem Kaufpreis von 17.855 € veräußert und die tatsächlich nicht bestehenden Darlehensforderungen vollumfänglich erfüllt hätten. Die Beklagte widerspricht den Erledigungserklärungen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung der Kläger zurückzuweisen;
sowie hilfsweise,
die Kläger zu verurteilen, an sie (Beklagte) Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeuges Marke1 Modell1, FIN: … in Höhe von 18.138,20 € zu leisten;
die Kläger zu verurteilen, den Restkaufpreis des Fahrzeuges in Höhe von 661,04 € an sie (Beklagte) zu zahlen.
Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil, soweit es der Klage stattgegeben hat. Die vom Bundesgerichtshof klargestellten Voraussetzungen für die urkundliche Einheitlichkeit von Vertragsunterlagen im engeren Sinne und den ESI (Urteil vom 5.11.2019 – XI ZR 650/18) hätten hier nicht vorgelegen. Die ESI seien nicht körperlich mit den Vertragsunterlagen verbunden und beide Dokumente seien nicht fortlaufend, stattdessen gesondert paginiert gewesen. Zu jedem Verbraucherdarlehensvertrag gebe es „dazugehörige“ ESI. Die Vertragsunterlagen bezeichneten auch nicht die Auszahlungsbedingungen des Vertrages (insbesondere Erteilung eines Sepa-Lastschriftmandates für den Einzug der Raten, Einreichung der Zulassungsbescheinigung für das zu finanzierende Fahrzeug, Sicherungsübereignung des Fahrzeugs und Einreichung des unterschriebenen Sicherungsübereignungsvertrages, Einreichung einer Identitätsfeststellung nach dem Geldwäschegesetz, eines Verdienstnachweises und der unterschriebenen Darlehensvertragsunterlagen). Ebenfalls sei die Widerrufsinformation nicht ordnungsgemäß. Der in der Widerrufsinformation enthaltene so genannte Kaskadenverweis „alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde)“ verstoße, wie der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 26.3.2020 (C-66/19) entschieden habe, gegen Art. 10 Abs. 2 Buchst. p der Richtlinie 2008/48/EG des europäischen Parlamentes und des Rates vom 23.4.2008 über Verbraucherkreditverträge. Auf den Schutz wegen wortlautgemäßer Übernahme des gesetzlichen Musters Anl. 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB könne sich die Beklagte nicht berufen. Sie sei vom gesetzlichen Muster evident abgewichen, insbesondere entsprächen die Angaben innerhalb der Klammer nicht dem Muster. Mit dem geänderten Klageantrag zu 1. a) verlangen die Kläger die Differenz zwischen den bis zum Widerruf geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen abzüglich des mit 17.855,00 € anzusetzenden Fahrzeugwertes, somit noch 701,69 €. Mit dem geänderten Antrag 1. b) fordern die Kläger die Rückzahlung der nach dem Verkauf des Fahrzeugs zur Erfüllung der Restforderung der Beklagten erbrachten 17.193,76 € sowie weiter gezahlter monatlicher Raten von 194,00 € (für 15 Monate, insgesamt 2.910,00 €.
Die Anschlussberufung stützen die Kläger darauf, dass das Landgericht den Klageantrag zu 5. zu Unrecht abgewiesen habe. Die Beklagte haben sich zum Zeitpunkt der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit bereits in Verzug befunden. Der Hilfswiderklage auf Feststellung ihrer Verpflichtung zum Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeugs treten die Kläger mit der Begründung entgegen, das der Verbraucher nach Widerruf des Darlehensvertrages keinen Wertersatz für die Nutzung und den Gebrauch des Kfz zu leisten habe. Anwendbar sei nicht § 357 Abs. 7 BGB – wegen § 361 BGB auch nicht entsprechend -, sondern § 355 Abs. 3 BGB. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 357 Abs. 7 BGB nicht vor, da die Pflichtangaben gemäß § 492 Abs. 2 BGB nicht ordnungsgemäß gemacht worden seien. Sofern sie zum Wertersatz verpflichtet wären, wäre nicht der Wert in Höhe des von ihnen gezahlten Kaufpreises, sondern lediglich der tatsächliche Wert des PKW als Ausgangswert anzusetzen. Der tatsächliche Wert des Fahrzeugs habe beim Kauf weniger als 35.993,20 € betragen.
Den Hilfsantrag stützt die Beklagte darauf, dass das Fahrzeug einen Wertverlust in der geltend gemachten Höhe erlitten habe (Differenz zwischen Kaufpreis von 35.993,20 € und Verkaufspreis von 17.855,00 €). Der Anspruch auf Wertersatz ergebe sich aus § 358 Abs. 4 S. 3 i.V.m. §§ 357c, 357 Abs. 7 BGB.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Auch die Berufungsbegründung ist nicht nur formgerecht eingegangen, sondern ist nach der gewährten Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist als rechtzeitig zu behandeln.
Die Anschlussberufung ist ebenfalls zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel der Beklagten nur teilweise Erfolg.
Der mit der einseitigen Erledigungserklärung der Kläger gestellte Antrag auf Feststellung, dass sich der Klageantrag zu 3. in der Hauptsache erledigt hat, ist zulässig.
Er ist auch begründet. Im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, der vollständigen Erfüllung der von der Beklagten erhobenen Zahlungsansprüche, war der Antrag auf Feststellung, dass der Beklagten seit dem 1.5.2018 keine Zins- und Tilgungsleistungen auf das Darlehen mehr zustehen, begründet.
Durch den Widerruf hat sich das Darlehensverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis verwandelt. Der Widerruf war nicht verfristet. Die 14tägige Widerrufsfrist (§ 355 Abs. 2 BGB) hat nicht begonnen, weil den Klägern nicht gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB ordnungsgemäß die Widerrufsinformation, insbesondere über die Frist des Widerrufsrechts erteilt worden war. Die von der Beklagten verwendete Widerrufsinformation enthält den sogenannten Kaskadenverweis. Wie der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 6.3.2020 entschieden hat, entspricht eine solche Information, die auf andere nationale Vorschriften verweist, nicht den Anforderungen des Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie (Az.: C-66/19, juris). Die deutschen Gerichte müssen das inländische Recht jedoch richtliniengemäß auslegen. Die deutschen Gerichte haben eine Auslegungsmöglichkeit hinsichtlich der Anforderungen an die Widerrufsinformation, weil diese gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB „klar und verständlich“ sein muss. Nach der bindenden Auslegung des Art. 10 Abs. 2 Buchst. p) der Verbraucherkreditrichtlinie durch den Europäischen Gerichtshof genügt die von der Beklagten verwendete Formulierung diesen Anforderungen nicht. Im Streitfall entfällt eine Auslegungsspielraum für die deutschen Gerichte auch nicht deshalb, weil Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB vorsieht, dass eine dem Muster nach Anl. 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entsprechende Information den Anforderungen des § 6 Sätze 1 und 2 genügt. Diese innerstaatliche gesetzliche Regelung ist zwar selbst nicht auslegbar (zum ganzen BGH, Urteil vom 30.3.2020 – XI ZR 198/19, juris Rn. 10-13). Die gesetzliche Regelung der Gesetzlichkeitsfiktion greift indes hier nicht ein, weil die Widerrufsinformation der Beklagten dem gesetzlichen Muster nicht entspricht. Sie ändert in nicht mehr nur unerheblichem Umfang das Textmuster ab, indem sie hinter dem Verweis auf § 492 Abs. 2 BGB drei andere Bespiele aufführt. Für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion sind gemäß Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 5 EGBGB Abweichungen von dem Muster in Format und Schriftgröße unschädlich. Dagegen verliert der Unternehmer die Schutzwirkung, wenn er das gesetzliche Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht, unabhängig von Gewicht und Kausalität der Änderung (Grüneberg, BKR 2019,1, 4 mit weiteren Nachweisen). Dabei ist somit nicht maßgeblich, dass die Information nicht dadurch unrichtig oder unklar würde. Es reicht aus, dass der Aussageinhalt des Musters verändert wird. Dies ist bei der Wahl anderer Beispiele für die mitzuteilenden Pflichtangaben der Fall.
Die Kläger verhalten sich mit der Berufung auf den Widerruf ihrer Darlehenserklärung auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie das finanzierte Fahrzeug inzwischen verkauft haben. Sie wären zwar aufgrund des Widerrufs zur Rückgabe des Fahrzeugs verpflichtet gewesen (§§ 358 Abs. 4 Satz 1, 357 Abs. 1 BGB). Die Beklagte hat den Widerruf jedoch zurückgewiesen und damit die Rückabwicklung der verbundenen Verträge verweigert. Die Rechtsfolgen der Veräußerung des Fahrzeugs sind in § 357 Abs. 4 BGB angemessen geregelt (siehe dazu unten).
Die Anschlussberufung der Kläger ist zum Teil begründet.
Der in der Berufungsinstanz geänderte Klageantrag zu 1. a) ist unbegründet. Die Kläger verlangen mit dem Antrag die Rückzahlung ihrer Zins- und Tilgungsleistungen abzüglich des Fahrzeugwertes von 17.855,00 € (Bl. 139 der Akte). Die Beklagte verweigert zu Recht die Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe des finanzierten Fahrzeugkaufpreises (Bl. 155 d.A.). Dies ergibt sich aus §§ 358 Abs. 4 Satz 1, 357 Abs. 4 Satz 1 BGB. Danach kann der Darlehensgeber, der im Verhältnis zum Verbraucher in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag eintritt, die Rückzahlung verweigern, bis er die Ware zurückerhalten hat. § 357 BGB ist auf die Rückabwicklung des verbundenen Vertrages anwendbar. Es kommt nicht darauf an, dass es sich um einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder einen Fernabsatzvertrag handelt. Die Verweisung in § 358 Abs. 4 S. 1 BGB auf die §§ 357 bis 357b BGB differenziert nur nach der Art des verbundenen Vertrags und ist unabhängig von der Vertriebsform (Begr. RegE BT-Drucks. 17/12637, S. 98; OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.5.2019 – 16 U 102/18, juris Rn. 20; Staudinger/Herresthal, BGB, Neubearb. 2016, § 358 Rn. 189; Herresthal, ZIP 2018, 753, 761 f.; Habersack in Münchener Kommentar z. BGB, 8. Aufl., § 358 Rn. 83). Nach der Vertriebsform differenziert lediglich § 358 Abs. 4 Satz 3 BGB für Ratenlieferungsverträge; um einen solchen handelte es sich bei dem Fahrzeugkauf jedoch nicht, da zwar die Rückzahlung des Darlehens, nicht aber die Entrichtung des Kaufpreises in Raten zu erfolgen hatte. Der Anspruch des Unternehmers auf Rückgewähr des geleisteten Gegenstandes tritt dabei an die Stelle des Anspruchs des Darlehensgebers auf Rückzahlung der Darlehensvaluta (OLG Düsseldorf a.a.O Rn. 17; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 358 Rn. 21 m w.N.). Aus dem Berufungsvortrag der Beklagten ergibt sich, dass sie sich auf die Vorleistungspflicht der Kläger beruft (Bl. 155 d.A.). Da die Kläger das gekaufte Fahrzeug der Beklagten nicht zurückgeben können, braucht die Beklagte die Darlehensraten in Höhe des finanzierten Kaufpreises ebenfalls nicht zurück zu erstatten.
Der im Wege der einseitig gebliebenen Teilerledigungserklärung gestellte Feststellungsantrag der Kläger zum ursprünglichen Klageantrag zu 1. (Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen) ist jedoch zulässig und im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, des Verkaufs des Fahrzeugs, begründet.
Da der Widerruf wirksam war, konnten die Kläger gemäß § 357 Abs. 1 BGB die Rückgewähr Ihrer Zahlungen verlangen
Der Berufungsantrag zu 1. b) ist begründet. Er betrifft die nach Widerruf geleisteten Zahlungen, nämlich die Ablösung der von der Beklagten für das Darlehen beanspruchten Restzahlungen (17.193,76 € und 15 Monatsraten à 194,00 €, Bl. 139 d.A.). Den Klägern steht ein bereicherungsrechtlicher Rückgewähranspruch hinsichtlich der nach Widerruf geleisteten Ratenzahlungen zu. Diese Zahlungen erfolgten ohne Rechtsgrund, weil sich der Darlehensvertrag durch den wirksamen Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umwandelt hat und von diesem Zeitpunkt an keine vertraglichen Ansprüche mehr bestanden. Das Recht des Unternehmers, die Rückzahlung zu verweigern, gilt nicht für Zahlungen, die der Verbraucher nach dem Widerruf geleistet hat. Zwar soll § 357 Abs. 4 BGB sicherstellen, dass der Unternehmer beim Verbrauchsgüterkauf den Kaufpreis zurückzahlen, aber der Ware danach nicht „hinterherlaufen“ muss (Hönninger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK BGB, 9. Aufl., § 357 Rdn. 44). Auch macht es bei wirtschaftlicher Betrachtung keinen Unterschied, ob der Verbraucher den Kaufpreis bzw. beim finanzierten Kauf die Darlehensraten vor oder nach dem Widerruf erbringt. Jedoch bezieht sich § 357 Abs. 4 BGB nur auf die in Abs. 1 geregelte Rückzahlungspflicht, die ihrerseits lediglich die Leistungszeit der Rückgewährpflichten nach § 355 Abs. 3 BGB festlegt. § 355 Abs. 3 BGB beschränkt sich jedoch auf die Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis, die sich nach früherem Recht aus §§ 346 ff. BGB ergaben. Dies sind aber lediglich die bis zum (wirksamen) Widerruf fälligen Leistungen. Zahlungen des Verbrauchers nach Widerruf sind wegen des dann fehlenden Rechtsgrundes nach § 812 Abs. 1 S. 1 BGB zurück zu gewähren. Hierbei besteht ein Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers nach § 273 BGB (vgl. Palandt/Sprau a.a.O. § 812 Rn. 73), jedoch keine Vorleistungspflicht des Verbrauchers. Die Beklagte macht allerdings keine Gegenansprüche im Wege eines Zurückbehaltungsrechts geltend (vgl. Bl. 155 d.A.). Dem Anspruch steht nicht § 814 BGB entgegen. Es steht nicht fest, dass die Kläger positiv gewusst haben, dass sie zur Weiterzahlung der Raten nicht mehr verpflichtet waren. Ist das Bestehen der Schuld lediglich zweifelhaft, steht dies der positiven Kenntnis nicht gleich. Für die Bewertung der Leistung sind die Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Letztlich kommt es darauf an, dass der Empfänger aus dem Verhalten des Leistenden nach Treu und Glauben den Schluss ziehen darf, dieser wolle die Leistung gegen sich gelten lassen, auch wenn ein Rechtsgrund dafür nicht besteht (BGH, Urteile vom 22.10.2015 – IX ZR 100/13 = NJW 2016, 1391, 1392 Rn. 9 ff.; vom 4.9.2018 – VIII ZR 100/18 = NJW-RR 2018, 1483, 1484 Rn. 17 ff.; Palandt/Sprau, § 814 Rn. 4). Im Streitfall war aus Sicht der Beklagten ohne weiteres deutlich, dass die Kläger die Raten nur für den Fall weiterzahlen wollten, dass ihr Widerruf aus Rechtsgründen unwirksam sein sollte. Letzteres war hier nicht auszuschließen, da die Bewertung der Pflichtinformationen nicht eindeutig erschien. Keinesfalls vermittelten ihre Zahlungen den Eindruck, die Beklagte solle die geleisteten Beträge auch dann behalten dürfen, wenn der Widerruf den Darlehensvertrag wirksam beendet haben sollte. Ferner können die Kläger gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB die Zahlung von 17.193,96 € zurückfordern. Die Zahlung ist den Klägern als Erfüllungshandlung zuzurechnen, weil sie durch die Fahrzeugkäuferin, jedoch auf Weisung der Kläger (§ 267 Abs. 1 BGB) erfolgte. Da die Zahlung auf die Ansprüche der Beklagten geleistet wurde, die sich aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrages gemäß §§ 355 Abs. 3, 357a Abs. 3 BGB ergeben, d. h. Rückzahlung der Darlehensvaluta, erfolgte die Zahlung ohne Rechtsgrund. Die von der Beklagten als Darlehensgeberin an den Verkäufer geflossene Darlehenssumme müssen die Kläger nach der seit 13.6.2014 geltenden Rechtslage nicht erstatten. Stattdessen hat die Beklagte einen Anspruch auf Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs (OLG Düsseldorf a.a.O. Rn. 17; Rosenkranz, BKR 2019, 521, 522). Der Anspruch der Beklagten auf die Sollzinsen ist durch die vor dem Widerruf geleisteten Raten in Höhe von 18.556,69 € bereits getilgt gewesen.
Den Klägern steht ferner ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Sie hatten durch das Widerrufsschreiben und die darin enthaltene Aufforderung zur Rückzahlung der bis dahin erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeugs (Anl. K3) die Beklagte gemahnt und in Verzug gesetzt (§§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB, 288 Abs. 4 i.V.m. 280 Abs. 2 BGB). Zudem hatte die Beklagte durch ihr Antwortschreiben vom 14.5.2018 (Anl. K4) die begehrte Rückabwicklung des Finanzierungsdarlehens ernsthaft und endgültig verweigert (§ 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Die damit zu ersetzenden Kosten für die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten, die durch ihr vorgerichtliches Schreiben vom 2.7.2018 tätig geworden sind (Anl. K5), errechnen sich aus einem Streitwert von 18.556,69 €. Im Zeitpunkt der Beauftragung der Rechtsanwälte war die Beklagte lediglich wegen der einfachen Rückabwicklung des Kredits in Verzug gesetzt worden, insbesondere waren die nach Widerruf geleisteten Zahlungen noch nicht Gegenstand des Anwaltsauftrages. Für die Tätigkeit der Rechtsanwälte ist eine 1,3fache Geschäftsgebühr angemessen. Eine Erhöhung auf eine 1,8fache Gebühr ist nicht angebracht. Es handelte sich um den Standardfall eines Darlehenswiderrufs, auch wenn es um verbundene Geschäfte ging. Namentlich waren Gegenstand noch nicht der erst nachträglich von der Beklagten erhobene Gegenanspruch auf Ersatz des Wertverlustes (siehe dazu unten) und die Folgen des späteren Verkaufs des Fahrzeugs an einen Dritten. Somit berechnen sich die entstandenen Rechtsanwaltsgebühren wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV RVG) 904,80 €
Pauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 €
Zwischensumme 924,80 €
19 % USt. (Nr. 7008 VV RVG) 175,71 €
Gesamtsumme 1.100,51 €.
Der im Wege der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung gestellte Feststellungsantrag der Kläger zum ehemaligen Klageantrag zu 4. auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten bezüglich der Annahme des Fahrzeugs ist ebenfalls zulässig. Er ist auch begründet. Im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, der Übereignung des Fahrzeugs an Dritte, war der Antrag sowohl zulässig als auch begründet. Auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Dass die Kläger gemäß § 358 Abs. 4 S. 1, 357 Abs. 4 BGB vorleistungspflichtig waren, hinderte den Eintritt des Annahmeverzuges nicht (siehe OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.5.2019 – 16 U 102/18, juris, Rn. 28-30).
Der Widerklageantrag zu 1. hat teilweise Erfolg. Der durch zulässige Klageänderung in der Berufungsinstanz (§ 264 Nr. 2 ZPO, vgl. BGH NJW-RR 2010, 1286) bezifferte Anspruch auf Wertersatz ergibt sich aus §§ 358 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 7 BGB (zur Anwendbarkeit des § 357 BGB siehe oben).
Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass die Beklagte die finanzierte Ware nicht zurückerhalten hat. Sie kann zwar die Rückgewähr der Zins- und Tilgungsleistungen verweigern. Aus diesen Zahlungen hat sie indes vollständig oder teilweise den Kaufpreis für das Fahrzeug an die Verkäuferin gezahlt, der sich an dem Wert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Kaufs und damit ohne den inzwischen eingetretenen Wertverlust orientierte. Der ihr aus den Zins- und Tilgungszahlungen verbleibende Anteil deckt somit nicht die Darlehensvaluta ab. Hätte sie das Fahrzeug von den Darlehensnehmern zurückerhalten, wären diese unter den Voraussetzungen des § 357 Abs. 7 BGB zum Wertersatz verpflichtet gewesen. Der Darlehensnehmer, der die Ware nicht zurückgibt, kann jedoch nicht besser stehen als derjenige Darlehensnehmer, der sie zurückgibt.
Die Beklagte legt zunächst zutreffend dar, dass der Wertverlust im Wesentlichen auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise des Fahrzeugs nicht notwendig war (ebenso OLG Düsseldorf a.a.O Rn. 24). § 357 Abs. 7 Nr. 1 BGB ist bezüglich der Behandlung der Kaufsache zur Prüfung ihrer Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise eng auszulegen. Wie sich aus Erwägungsgrund 47 der Verbraucherrechts-RL ergibt, soll der Verbraucher ohne Verpflichtung zum Wertersatz die Ware nur ausprobieren und testen, wie es in einem Laden typisch ist. Dies bedeutet bei einem Kraftfahrzeug, dass der Wertverlust zu ersetzen ist, der über eine Prüfung der Instrumente und eine Probefahrt hinausgeht (Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040, S. 200 li. Spalte; siehe auch Palandt/Grüneberg, § 357 Rn. 9; Rosenkranz, BKR 2019, 521, 523 f.). Die Kläger monieren zwar, die Beklagte habe kein konkretes, prüfungsinadäquates Verhalten ihrerseits dargelegt und unter Beweis gestellt haben. Sie legen aber auch nicht dar, wie sie das Fahrzeug in zweieinhalb Jahren anders genutzt haben als zum Transport.
Die weitere Voraussetzung des § 357 Abs. 7 Nr. 2 BGB, nämlich die Unterrichtung des Verbrauchers nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB, besteht in den Fällen des verbundenen Geschäfts nicht. Stattdessen enthält § 358 Abs. 4 BGB eine teilweise Rechtsgrundverweisung allein auf Nr. 1. Die Bestimmung ist anders nicht handhabbar, da den Händler beim Präsenzkauf keine derartigen Informationspflichten treffen. Ebenso wenig wäre es sinnvoll, von der finanzierenden Bank eine Belehrung gemäß dem Muster in Anl. 1 zu Art. 246a § 1 EGBGB zu verlangen (Nordholtz/Bleckwenn, NJW 2017, 2497, 2500 f.; eine Belehrungsobliegenheit gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB verneint auch Rosenkranz a.a.O. S. 525). Auch wenn man der Ansicht folgt, dass stattdessen die Informationspflicht aus Art. 247 § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. b EGBGB zu erfüllen ist (Herresthal, ZIP 2018, 753, 763; und ZIP 2019, 49, 51; Rosenkranz a.a.O. 525 f.), hat die Beklagte dem durch ihre Widerrufsinformation entsprochen und die Informationen gemäß § 358 BGB – die hier allein einschlägig sind – erteilt (insbesondere zum Wegfall der Bindung an den verbundenen Vertrag, zur Pflicht auf Wertersatz gemäß dem Gestaltungshinweis 6 c zu dem Muster: „wenn der Darlehensnehmer die aufgrund des verbundenen Vertrags überlassene Sache nicht … oder nur in verschlechterten Zustand zurückgewähren kann, hat der insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kommt allerdings nur in Betracht, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war“; so auch OLG Düsseldorf a.a.O. Rn. 22). Diese Information ist nicht deshalb unbeachtlich, weil die Widerrufsinformation bezüglich der Angabe der die Widerrufsfrist auslösenden Pflichtinformationen nicht ausreichend ist. Jedenfalls ist dadurch die Widerrufsinformation nicht falsch, sondern lediglich unvollständig.
Die Höhe des Wertverlustes ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Grundsätzlich ist dabei die Vergleichsmethode heranzuziehen, weil es nicht mehr auf die Wertersatzpflicht nach der bis zum 12.6.2014 geltenden Rechtslage mit dem Verweis auf die Rücktrittsvorschriften ankommt (Herresthal, ZIP 2019, 49, 58; Rosenkranz a.a.O. S. 526). Die Anwendung der pauschalierenden Wertverzehrmethode (OLG Düsseldorf a.a.O. Rn. 26; weitere Nachweise bei Herresthal, a,a.O. Fn. 61) kommt allenfalls in Betracht, wenn keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass sich dabei entstehende „Typisierungsunschärfen“ (wie hoher Wertverlust in der Anfangszeit der Nutzung, unterdurchschnittliche Pflegezustand des Fahrzeugs, ungewöhnlicher Wertverlust durch von der Nutzung unbeeinflusste Umstände o. ä.) ausgewirkt haben. Im Streitfall ist jedoch nicht ersichtlich, dass derart einfache Verhältnisse vorlagen.
Zur Feststellung des ursprünglichen Fahrzeugwertes ist dabei vom Kaufpreis auszugehen, denn er entspricht der subjektiven Äquivalenz der Vertragsleistungen (so Herresthal, ZIP 2019, 49, 58 f. m. w. N.; Hönniger a.a.O. § 357 Rn. 46). Für den Wert des Fahrzeugs beim Ankauf durch die Kläger ist indes nicht der Barzahlungspreis von 35.993,20 €, sondern nur der von der Beklagten in der Berufungsverhandlung angegebene Nettoverkaufspreis von 26.446,72 €, somit ein Bruttopreis von 31.471,60 € zugrunde zu legen. Die Kläger wenden allerdings mit Recht ein, dass der Kaufpreis einen Gewinnanteil des Verkäufers enthält. Dieser ist bei der Berechnung des Anfangswertes jedenfalls dann abzuziehen, wenn es an einer privatautonom ausgehandelten Entgeltabrede fehlt (siehe Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 196; Herresthal a.a.O..S. 59; den Gewinnanteil will auch Fritsche in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., § 357 Rn. 36 nicht berücksichtigen). Davon ist hier auszugehen, weil der Kaufpreis beim Kauf vom Vertragshändler – wie im Streitfall – aufgrund von Listenpreisen kalkuliert wird, die grundsätzlich einen Gewinnanteil des Händlers einschließen. Nach dem nicht mehr bestrittenen Vortrag der Beklagten betrug die Umsatzrendite der Verkäuferin 1,98 %, das heißt (von 31.471,60 €) 623,14 € brutto. Damit verbleibt ein Fahrzeugwert bei Übernahme durch die Kläger von 30.848,46 €.
Bezüglich des Fahrzeugwertes zu dem Zeitpunkt, zu dem die Kläger an sich das Fahrzeug an die Beklagte hätten zurückgeben müssen (§ 357 Abs. 1 BGB), tragen auch die Kläger selbst vor, dass der Fahrzeugwert beim Verkauf durch sie 17.855,00 € betragen habe. Zu Unrecht meinen sie allerdings, der Wertverlust sei nur insofern ersatzfähig, als er auf einem aktiven Verhalten des Verbrauchers beruhe, so dass Wertverluste aufgrund der Alterung der Ware während Besitzdauer oder dem Angebot neuerer Modelle des gleichen Typs auf dem Markt außer Betracht zu bleiben hätten. Die Beklagte müsse darlegen, was das Fahrzeug mit unveränderter Kilometerlaufleistung wert wäre. Dieser sich aus dem Vergleich ergebende Wertverlust sei nicht von ihnen auszugleichen, weil er ohne ihr Zutun eingetreten ist (unter Verweis auf Mörsdorf, Beck‘scher Kommentar zu § 357 BGB, Rn. 57 ff.). Noch enger wird die Ansicht vertreten, der Verbraucher solle nur für Wertverluste haften, die auf einem (objektiv) sorgfaltswidrigen Umgang mit dem Fahrzeug beruhten (Rosenkranz a.a.O. S. 527 re. Spalte m. w. N.), während eine ähnliche Auffassung bloß zufällige Verschlechterungen der Ware vom Wertersatz ausschließen wollen (Palandt/Grüneberg a.a.O. § 357 Rn. 9). Dabei wird jedoch zu wenig beachtet, dass schon der Wortlaut des § 357 Abs. 7 BGB lediglich auf einen „Umgang mit der Ware“ abstellt (darauf weist zu Recht Herresthal a.a.O S. 60 hin). Die im Streitfall in Betracht kommenden Einflüsse auf den Wertverlust des Fahrzeugs der Kläger, nämlich dessen Alterung und der Preisverfall für Dieselfahrzeuge in den letzten Jahren, sind gleichfalls jedoch Umstände, die auf den Umgang der Kläger mit dem Fahrzeug zurückzuführen sind (ebenso Herresthal a.a.O S. 60). Dafür spricht zum einen, dass der Umgang mit dem Fahrzeug, das heißt dessen bestimmungsgemäße Nutzung, unvermeidlich mit dem Verstreichen von Zeit und damit mit der Alterung des Fahrzeugs verbunden ist. Die Abnutzung und der Verschleiß des Fahrzeugs und seiner Einzelteile kann nicht von der damit verbundenen Zeitdauer getrennt werden. Zum anderen muss das praktische Argument berücksichtigt werden, dass es „letztlich vollkommen unpraktikabel, wenn nicht sogar praktisch undurchführbar ist“, derartige zum Umgang mit der Ware hinzutretende Umstände aus dem Wertverlust heraus rechnen zu wollen (Herresthal a.a.O., was grundsätzlich auch von Rosenkranz a.a.O. S. 527 anerkannt wird).
Nach diesen Beträgen hat das Fahrzeug einen Wertverlust von (30.848,46 € – 17.855,00 € =) 12.993,46 € erlitten. Dieser Wert enthält jedoch auch den Verlust durch die Nutzung zur Prüfung des Fahrzeugs seitens der Kläger. Angesichts der Nutzung des Fahrzeugs bis zum Weiterverkauf über einen Zeitraum von etwa drei Jahren und zehn Monaten fällt die vom Wertersatz freigestellte Nutzung auch dann nur geringfügig ins Gewicht, wenn man den verhältnismäßig hohen Wertverlust bei dem fast fabrikneuen Fahrzeug durch die ersten Nutzungshandlungen in Rechnung stellt. Insgesamt ist deshalb der zu berücksichtigende Wertverlust auf 12.500 € zu schätzen (§ 287 ZPO).
Der mit der Hilfswiderklage ferner geltend gemachte Anspruch auf den Restkaufpreis des Fahrzeugs in Höhe von 661,04 € hat die Beklagte nicht begründet.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens (§ 92 Abs. 1 ZPO).
Die Entscheidung über die vorläufige Verfügbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht gemäß § 543 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung eine einheitliche Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Dies gilt auch für die Entscheidung über Forderung der Beklagten auf Ersatz des Wertverlustes. Dessen Schätzung ist eine Frage des Einzelfalls.