Landgericht Ravensburg legt Darlehensvertrag dem EuGH vor

Das Landgericht Ravensburg hat mit Beschluss vom 07.01.2020 (Aktenzeichen: 2 O 315/19) wichtige Fragen im Zusammenhang mit dem Widerruf eines Pkw-Finanzierungsvertrages - konkret wurde ein VW Passat finanziert - dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt.

Das Landgericht Ravensburg stellte dem Europäischen Gerichtshof 5 Fragen:

 

1.

Einerseits möchte das Landgericht Ravensburg wissen, ob der bei Abschluss des Kreditvertrages geltende Verzugszinssatz als absolute Zahl oder zumindest aber der geltende Referenzzinssatz (vorliegend der Basiszinssatz gem. § 247 BGB), aus dem sich der geltende Verzugszinssatz durch einen Zuschlag als absolute Zahl anzugeben ist.

 

2.

Darüber hinaus soll der EuGH erläutern, ob der Mechanismus der Anpassung des Verzugszinssatzes konkret  im Darlehensvertragzu erläutern ist.

 

3.

Der EuGH soll sich dazu erklären, ob im Kreditvertrag ein konkreter vom Verbraucher nachvollziehbarer Rechenweg für die Ermittlung der bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens anfallenden Vorfälligkeitsentschädigung anzugeben ist, so dass der Verbraucher die Höhe der bei vorzeitiger Kündigung anfallenden Entschädigung zumindest annäherungsweise berechnen kann.

 

4.

Ferner wird gefragt, ob auch die im nationalen Recht geregelten Kündigungsrechte der Parteien des Kreditvertrags angegeben werden müssen, insbesondere auch das Kündigungsrecht

des Darlehensnehmers aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB bei befristeten

Darlehensverträgen?

 

5.

Schließlich soll der EuGH Stellung nehmen, ob bei sämtlichen Kündigungsrechten der Parteien des Kreditvertrags auf die bei der Ausübung des Kündigungsrechts jeweils vorgeschriebene Frist und Form für die Kündigungserklärung hinzuweisen ist?

Hintergrund des Falles war folgender Sachverhalt:

 

1 Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Darlehensvertrag gemäß Darlehensantrag des Klägers vom 19.12.2015 (Anlage K 1) und Annahmeerklärung der Beklagten ebenfalls vom 19.12.2015 über einen Nettodarlehensbetrag von 10.671,63 €, der zweckgebunden dem Kauf eines Kraftfahrzeugs VW Passat Variant 2,0 TDI zur privaten Nutzung diente. Verkäuferin des Fahrzeugs war die Fa. H. Automobile GmbH & Co. KG in S. Der Kaufpreis belief sich auf einen Betrag von 15.200,-- €. Der Kläger leistete eine Anzahlung von 5.000,-- € an die Verkäuferin und finanzierte den restlichen Betrag von 10.200,-- € sowie den Einmalbeitrag für eine Restschuldversicherung (im Darlehensantrag als KSB = Kreditschutzbrief bezeichnet) von 471,63 €, insgesamt also 10.671,63 €, über das vorgenannte Darlehen.

 

2 Die Beklagte bediente sich bei Vorbereitung und Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung der Verkäuferin. Insbesondere fungierte diese als Darlehensvermittlerin der Beklagten und verwendete die von der Beklagten bereitgestellten Vertragsformulare. Vereinbart wurde im Darlehensvertrag, dass der Kläger die Darlehenssumme von 11.545,26 € (Nettodarlehensbetrag von 10.671,63 € zuzüglich Zinsen von 873,63 €) ab 15.02.2016 mittels 48 gleichbleibenden Monatsraten in Höhe von jeweils 150,08 € und einer am 16.01.2020 zu zahlenden Schlussrate von 4.341,42 € zurückzuzahlen hat.

 

3 Der Kläger zahlte die vereinbarten Raten regelmäßig. Mit Schreiben vom 22.01.2019 hat der Kläger jedoch seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen. Die Beklagte hat den Widerruf zurückgewiesen.

 

4 Der Kläger ist der Auffassung, dass der Darlehensvertrag durch den wirksamen Widerruf vom 22.01.2019 in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden sei. Er möchte mit der Klage festgestellt haben, dass der Kläger der Beklagten ab dem 22.01.2019 nicht mehr zur Zahlung der Darlehensraten verpflichtet ist. Außerdem begehrt der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der bisher an die Beklagte geleisteten Darlehensraten sowie der an die Verkäuferin geleisteten Anzahlung, beides Zug-um-Zug gegen Rückgabe  des gekauften Fahrzeugs.

 

 

5 Die Beklagte hält die Widerrufserklärung für verspätet und den Widerruf deshalb für unwirksam. Sie steht auf dem Standpunkt, dass das Kreditverhältnis ungekündigt fortbestehe, und beantragt daher, die Klage abzuweisen.

 

Anmerkung der Kanzlei Stenz & Rogoz:

 

Mit Spannung ist zu erwarten, wie der EuGH zu den aufgeworfenen Fragen des Landgerichts Ravensburg Stellung nehmen wird. Es bleibt zu hoffen, dass die neuere bankenfreundliche Rechtsprechung des BGH zu den Konsumentenkrediten korrigiert wird.