Im Falle einer vorzeitigen Kündigung oder Vertragsauflösung verlangen Banken und Sparkassen teilweise horrende Vorfälligkeitsentschädigungen. Wie helfen Ihnen, diese Beträge zurückzuholen. Dies ist dann möglich, wenn Sie über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht richtig belehrt wurden. Im folgenden zeigen wir Ihnen, welche Verträge davon betroffen sind und wann Sie die bezahlte Vorfälligkeitentschädigung zurückfordern können.
(zuletzt aktualisiert am 10.11.2024)
Der Darlehensnehmer eines Immobiliendarlehensvertrages kann gemäß § 490 Abs. 2 BGB den Vertrag grundsätzlich nur vorzeitig kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten und seit dem vollständigen Empfang des Darlehens sechs Monate abgelaufen sind. Ein solches Interesse liegt insbesondere vor, wenn der Darlehensnehmer ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat.
Konkret bedeutet dies:
Anerkannt ist, dass die Beendigung des Vertrages vom Darlehensnehmer u.a. im Fall eines Verkaufs aus privaten Gründen (Ehescheidung, Krankheit, Arbeitslosigkeit, erhebliche negative Veränderung der Einkommensverhältnisse oder Überschuldung, Umzug) als auch dann geltend gemacht werden, wenn er lediglich eine günstige Verkaufsgelegenheit wahrnehmen möchte. Die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Darlehensnehmers ist aber auch dann betroffen, wenn er das belastete Grundstück zur Absicherung eines erheblich umfangreicheren, bei der kreditgebenden Bank nicht erhältlichen Kredits benötigt (Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage (2023), § 490, Randnummer 26).
Im Falle der Kündigung eines Immobiliardarlehensvertrages durch den Darlehensnehmer vor Zinsbindungsende hat die Bank damit Anspruch auf Zahlung einer so genannten Vorfälligkeitsentschädigung. § 502 Abs. 1 BGB normiert hierfür folgendes:
(1) Der Darlehensgeber kann im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen, wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet. Bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen gilt Satz 1 nur, wenn der gebundene Sollzinssatz bei Vertragsabschluss vereinbart wurde.
Sind die Informationen über die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend, ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung jedoch ausgeschlossen (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
> Einerseits ist das der Fall, wenn die Informationen fehlerhaft, zweideutig oder selektiv sind – etwa weil lediglich starr auf die Höhe der Höchstbeträge nach § 502 Abs. 3 BGB verwiesen wird oder weil nicht deutlich wird, ob es für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf die angegebene Laufzeit des Darlehensvertrags oder auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem dieser erstmals ordentlich gekündigt werden könnte.
> Andererseits ist das aber auch der Fall, wenn die Informationen aufgrund ihrer Detailliertheit nicht in vernünftiger Weise nachvollziehbar sind (vergleiche Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Auflage, 2022, § 56, Rn. 756).
Mit Beschluss vom 28.06.2021 (Aktenzeichen: XI ZR 320/20) hat der BGH klargestellt, dass Kunden der Commerzbank falsch über die Vorfälligkeitsentschädigung aufgeklärt wurden. Der BGH hat damit ein Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vom 01.07.2020 (Aktenzeichen: 17 U 810/19) gehalten, in dem die Commerzbank dazu verurteilt worden war, die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von über 20.000,00 € an ihre Kunden zurückzahlen. Zur Begründung hatte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. ausgeführt, dass die Regelungen im Darlehensvertrag über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu kompliziert seien.
> Profitieren von der Rechtsprechung können nicht nur Kunden der Commerzbank! Gegen viele Kreditinstitute sind in den letzten Monaten bereits verbraucherfreundliche Urteile ergangen, so z.B. gegen die Sparkasse und die VR-Bank. Damit können Kunden, die im Zeitraum zwischen 2016 und 2020 Darlehensverträge gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung bzw. eines Vorfälligkeitsentgelts zurückgeführt haben, diese Beträge zurückverlangen. Stiftung Finanztest spricht daher nicht von Ungefähr von einem "Vorfälligkeitsjoker".
Übrigens: Sollten Sie zutreffend über die Vorfälligkeitsentschädigung aufgeklärt worden sein, heißt das nicht, dass die Bank die Höhe der Vorfälligkeit richtig berechnet hat. Vielen Banken "vergessen", dass beispielsweise Sondertilgungsmöglichkeiten berücksichtigt werden müssen. Dies hat der BGH aber mit Urteil vom 19.01.2016 (Aktenzeichen: XI ZR 388/14) klargestellt. Unsere Kanzlei prüft die Rechenwege Ihres Kreditinstituts finanzmathematisch.
Das Landgericht Ravensburg in einem Verfahren der VR Bank Ravensburg-Weingarten eG mit nunmehr veröffentlichtem Beschluss vom 08.08.2022 (Aktenzeichen: 2 O 316/21) dem Europäischen Gerichtshof wichtige Fragen im Zusammenhang mit der Berechnung der sog. Vorfälligkeitsentschädigung vorgelegt. Unter anderem fragt das Landgericht darin, ob der Begriff der „angemessenen und objektiven Entschädigung für die möglicherweise entstandenen, unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits zusammenhängenden Kosten“ in Art. 25 Abs. 3 RL 2014/17/EU1 dahingehend auszulegen, dass die Entschädigung auch den entgangenen Gewinn des Kreditgebers, insbesondere die ihm infolge der vorzeitigen Rückzahlung entgehenden zukünftigen Zinszahlungen erfasst. Die Entscheidung des EuGH könnte Tausende von bezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen den Boden entziehen.
In vielen Darlehensverträgen hat die Commerzbank ihre Kunden mit der nachfolgenden Klausel über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung "aufgeklärt". Das OLG Frankfurt a.M. und der BGH halten die Belehrung aber für unzureichend. Die Folge: die Kunden erhielten das Vorfälligkeitsentgelt in Höhe über 20.000,00 € zurück.
Die von der Rechtsprechung für unwirksam erklärte Klausel lautet wie folgt:
7. Voraussetzungen und Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens
Sofern der Darlehensnehmer der Bank mitteilt, dass der Darlehensnehmer eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens beabsichtigt, wird die Bank dem Darlehensnehmer unverzüglich die für die Prüfung dieser Möglichkeit erforderlichen Informationen schriftlich übermitteln:
1. Auskunft über die Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung
2. im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrages
3. gegebenenfalls die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung und
4. Kosten der Bank für zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückzahlung
5. Mitteilung über eventuelle Annahmen die im Rahmen der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erforderlich waren
Die Bank berechnet die Vorfälligkeitsentschädigung finanzmathematisch nach der sogenannten, Aktiv-Passiv‘-Methode. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung ist der Zeitpunkt, zu dem die vorzeitig zurückgezahlte Darlehensvaluta bei der Bank eingeht. Im Einzelnen rechnet die Bank wie folgt:
Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar.
Zu Gunsten des Darlehensnehmers berücksichtigt die Bank bei der Berechnung, dass die nach Maßgabe des Darlehensvertrages geschuldeten, ganz oder teilweise ausfallenden Zahlungen in der Zukunft liegen. Finanzmathematisch erfolgt dies im Wege der ,Abzinsung' jeder einzelnen ganz oder teilweise ausfallenden Zahlung über den Zeitraum zwischen ihrer vertraglich vereinbarten Fälligkeit und der tatsächlich erfolgenden Rückzahlung (sog. ,Barwertmethode‘): Zur Abzinsung der in der Zukunft liegenden Zahlungen zieht die Bank die entsprechenden Zinssätze des Geld- und Kapitalmarkts heran, die die Bank bei der Berechnung des Zinsausfalls zugrunde legen (s. o.).
Von der so ermittelten Schadenssumme zieht die Bank
(a) zu Gunsten des Darlehensnehmers die für das Darlehen auf Seiten der Bank ersparten Verwaltungskosten ab, weil keine weitere Bearbeitung für das Darlehen erforderlich ist. Weiter wird
(b) von diesem Betrag zu Gunsten des Darlehensnehmers ein Abschlag für ersparte Risikokosten vorgenommen. Dieser resultiert daraus, dass die Bank für den Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung des Darlehens und dem Zeitpunkt, zu dem das Darlehen normalerweise zurückzuzahlen gewesen wäre, kein Ausfallrisiko für das Darlehen mehr tragen muss.
Die Schadenssumme, vermindert um die vorstehend unter (a) und (b) genannten, ersparten Verwaltungs- und Risikokosten, ergibt dann die von dem Darlehensnehmer an die Bank zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung.
Zu der so ermittelten Vorfälligkeitsentschädigung werden noch die Kosten der Bank für den zusätzlichen Aufwand der vorzeitigen Rückführung addiert. Dem Darlehensnehmer ist der Nachweis vorbehalten, dass diese Kosten nicht oder in wesentlich geringerer Höhe entstanden sind.
Entsteht der Bank aufgrund der vorzeitigen Rückführung des Darlehens nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Berechnung kein Schaden, ist von dem Darlehensnehmer keine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen.
Entsteht der Bank aufgrund der vorzeitigen Rückführung des Darlehens nach Maßgabe der vorstehend dargestellten Berechnung ein Schaden, so ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ungeachtet dessen gesetzlich ausgeschlossen, wenn
1) die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die auf Grund einer entsprechenden Verpflichtung im Darlehensvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern, oder
2) im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind."
Damit wurde die Bank den gesetzlichen Vorgaben nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. nicht gerecht. Dies begründete das Oberlandesgericht mit Urteil vom 01.07.2020 (Aktenzeichen: 17 U 810/19) wie folgt:
Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind unzureichend i.S.v. § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn sie nicht klar und verständlich i.S.v. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB sind (BGH, Urteil vom 5. November 2019 - XI ZR 650/18 -, Rn. 44, juris; BT-Drs. 16/11643, S. 88).
Maßgeblich ist die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (BGH, Beschluss vom 19. März 2019 - XI ZR 44/18 -, Rn. 14, juris). Ein solcher Verbraucher war nicht in der Lage, den Angaben in den Allgemeinen Darlehensbedingungen zu entnehmen, wie die Beklagte im Falle der vorzeitigen Rückzahlung die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen würde. Die Beklagte hat die vorzunehmenden Rechenschritte zwar im Einzelnen dargestellt. Diese Darstellung ist in Bezug auf den zweiten Rechenschritt indes unverständlich. Wenn es dort heißt, dass die Bank ermittelt, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde, und erläutert, dass „[die Bank] dabei differenziert […] wie folgt“, erwartet der Verbraucher eine Beschreibung dieser differenzierten Vorgehensweise. Eine solche Beschreibung enthält die Klausel jedoch nicht. Es folgt lediglich die Erklärung, dass die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde legt, „soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristenkongruenten Laufzeiten vorhanden sind“. Was geschieht, soweit solche Hypothekenpfandbriefe nicht vorhanden sind, etwa bei unterjährigen Laufzeiten, bleibt offen. Dazu verhalten sich die Darlehensverträge weder an dieser, noch an einer anderen Stelle. Eine vollständige Beschreibung des zweiten Rechenschritts findet sich lediglich im Merkblatt „Vorfälligkeitsentscheidung“, welches die Beklagte den Klägern erst mit Schreiben vom 19.10.2018 und damit ca. zwei Jahre nach Vertragsschluss übersandt hat. Dort heißt es klar und verständlich: „Der Berechnung können Sie auch die Wiederanlagerenditen entnehmen, zu denen wir die jeweiligen Beträge am Geld- und Kapitalmarkt anlegen können. Bei der Berechnung werden bei Laufzeiten bis zu einem Jahr Geldmarktpapiere und bei Laufzeiten über einem Jahr Hypothekenpfandbriefe herangezogen.“
Aber auch andere Gerichte - etwas das Landgericht Hamburg (Urteil vom Urteil vom 19.02.2021 – Aktenzeichen: 318 O 164/20 - haben die Rechtsprechung bestätigt.
Kunden der Commerzbank wurden in vielen Fällen bei Vertragsschluss nicht richtig über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung belehrt. Sie können diesen Betrag mit dem nachstehendne Musterschreiben zurückverlangen. Sollte die Commerzbank Ihre Forderung ablehnen, melden Sie sich bei uns. Wir prüfen für Sie kostenfrei innerhalb von 48 Stunden, ob ein anwaltliches Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat.
Mit Urteil vom 04.11.2022 (Aktenzeichen: 12 O 198/21) hat das Landgericht Kiel die Sparkasse verpflichtet, an ihren Kunden die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von über 14.000,00 € zurückzuzahlen. Der Kunde hatten einen Immobiliar-Darlehensvertrag im November 2016 abgeschlossen. Darin war folgende Regelung enthalten:
Nr. 10.2 des Vertrages enthielt zur Vorfälligkeitsentschädigung folgende Klausel:
„Die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung (Ablösungsentschädigung) durch die Sparkasse erfolgt nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ist derzeit die sog. „Aktiv/Passiv-Methode“. Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.
Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgeführten Darlehensmittel in sichere kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderliche ist, um sämtliche ursprüngliche vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.
Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit - auf Basis des effektiven Jahreszinses - zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.
Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend.
Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Institutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.
Bei der Berechnung der Vorfällligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:
- Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernde Darlehensschuld;
- Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungsrechte;
- Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.
Sofern der Darlehensnehmer der Sparkasse die Absicht mitteilt, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, übermittelt die Sparkasse dem Darlehensnehmer in Textform unverzüglich Informationen zu Zulässigkeit der vorzeitigen Rückzahlung, im Fall der Zulässigkeit die Höhe des zurückzuzahlenden Betrages und gegebenenfalls die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.“
Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 BGB ist nach Ansicht des Landgerichts Kiel ausgeschlossen, wenn im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind. Unzureichend sind nicht nur solche Informationen, die für den Verbraucher nicht nachvollziehbar sind, sondern auch unrichtige Angaben. Das Oberlandesgericht Schleswig-Holsten ist der Ansicht, dass die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts keine Aussicht auf Erfolg hat (Aktenzeichen: 5 U 227/22).
Das Landgericht Rostock hat die dortige Sparkasse bereits mit Urteil vom 10.02.2021 in einem ähnlich Sachverhalt verurteilt, an ihre Kunden die Vorfälligkeitsentschädigung aus einem zurückgeführten Darlehensvertrag zurückzuzahlen (Aktenzeichen: 2 O 872/19). Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung waren nach Ansicht des Gerichts lückenhaft und intransparent. Die Kunden erhalten daher einen Betrag in Höhe von über 23.000 Euro zurück.
Konkret führt es zur Begründung aus:
1.
Die Beklagte [= Sparkasse, Anm. der Kanzlei Stenz & Rogoz] hat keinen Anspruch auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen nach § 502 Abs. 1 BGB, da dieser Anspruch gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB wegen unzureichender Angaben für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen ist.
Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind unzureichend, wenn sie nicht klar und verständlich iSv Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB sind. Maßgeblich ist die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 1.7.2020 - 17 U 810/19, NJW-RR 2020, 1121 Rn. 47, beckonline).
Entscheidend ist, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann. Im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt es, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (BGH, Urteil vom 5.11.2019 - XI ZR 650/18, NJW 2020, 461, beckonline).
Im vorliegenden Fall hatte die Beklagte zu der Berechnung unter Anwendung der Aktiv/Passiv-Methode informiert.
Bei der Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode stellt sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite dar, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Leistung der Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen (BGH, Urteil vom 7. 11. 2000 - XI ZR 27/00, NJW 2001, 509, beckonline).
Aus den Informationen der Beklagten ergibt sich diese Differenzberechnung nicht. Es werden zwar Parameter für die Berechnung der Entschädigung genannt, ohne jedoch transparent zu machen, wie diese untereinander in Beziehung zu setzen sind, so dass der Darlehensnehmer nicht hinreichend zuverlässig die durch die vorzeitige Rückzahlung voraussichtlich anfallenden Belastungen abschätzen kann.
Im zweiten Absatz der Ziffer 10.2 der Verträge wird ohne weitere Erläuterung für die weitere Bedeutung in der Berechnung der Entschädigung mitgeteilt, dass von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel ausgegangen werde. Im zweiten Satz wird der Eindruck vermittelt, dass nun die Methodik Schritt für Schritt erläutert werden soll, indem ausgeführt wird, dass „zunächst“ ein bestimmter Betrag ermittelt werde. Sodann werden weiter Parameter genannt, die diesen Betrag erhöhen oder verringern. Der Abzug der rechnerisch durch Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel erzielbaren Rendite und der Darlehensmittel selbst wird jedoch nicht erläutert.
Durch die lückenhafte und intransparente Information kann für den Darlehensnehmer der Eindruck einer sehr viel größeren Belastung entstehen, welche ihn von der vorzeitigen Rückzahlung abhalten könnte.
Ob auch die weiteren von Klägerseite genannten Unzulänglichkeiten den Wegfall des Anspruches der Beklagten auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung begründen, kann hier dahingestellt bleiben.
2.
Die Aufhebungsvereinbarungen selbst stellt keinen eigenständigen Rechtsgrund für die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen dar.
Vereinbarungen über die Modalitäten der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens beseitigen nicht das ursprüngliche Schuldverhältnis, sondern modifizieren das Darlehensverhältnis im Hinblick auf die Erfüllungssperre.
Ein Ausschluss der Rückforderung muss daher gesondert vereinbart werden (OLG Köln, Hinweisbeschluss v. 28.10.2016 - 13 U 169/16, BeckRS 2016, 20915 Rn. 3, beckonline). Dies war hier nicht der Fall. Die Beklagte hatte zwar mit den Formulierungen im vorletzten Absatz der Vereinbarungen wohl versucht, eine Rückforderungssperre vertraglich zu vereinbaren, der Kläger hatte sich jedoch ausdrücklich in den Aufhebungsvereinbarungen die Rückforderung vorbehalten. Indem die Beklagte trotz dieser Vertragszusätze die vorzeitige Beendigung der Verträge umsetzte, nahm sie die Angebote des Klägers zum Abschluss der modifizierten Vereinbarungen konkludent an.
Kunden der Sparkasse wurden in vielen Fällen bei Vertragsschluss nicht richtig über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung belehrt. Sie können diesen Betrag mit dem nachstehenden Musterschreiben zurückverlangen. Sollte die Sparkasse Ihre Forderung ablehnen, melden Sie sich bei uns. Wir prüfen für Sie kostenfrei innerhalb von 48 Stunden, ob ein anwaltliches Vorgehen Aussicht auf Erfolg hat.
Das Landgericht Konstanz hat die VR-Bank mit Urteil vom 08.12.2020 dazu verpflichtet, an ihre Kunden die Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuzahlen (Aktenzeichen: 4 O 155/20). Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung waren nach Ansicht des Gerichts unzureichend im Sinne des gesetzlichen Vorschriften. Die Kunden erhielten von ihrer Bank über 8.200,00 Euro zurück.
Folgende Klausel (dort Ziff. 8) wurde vom Gericht als unwirksam angesehen:
Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung (vergleiche Ziffer 7 dieses Vertrages) oder im Fall der außerordentlichen Kündigung auf der Grundlage eines berechtigten Interesses (vergleiche Ziffer 8 Satz 2 der Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen) hat der Darlehensnehmer der Bank denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Der Berechnung dieses Schadens wird der Darlehensgeber die vom Bundesgerichtshof für zulässig befundene Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode zugrunde legen, welche davon ausgeht, dass die durch die Rückzahlung frei gewordenen Mittel laufzeitkongruent in Hypothekenpfandbriefen angelegt werden.
Danach wird berücksichtigt:
- Der Zinsverschlechterungsschaden als der finanzielle Nachteil aus der vorzeitigen Darlehensablösung, das heißt, die Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite von Hypothekenpfandbriefen mit einer Laufzeit, die der Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens entspricht. Die Differenz zwischen dem Vertragszins des abzulösenden Darlehens und der Hypothekenpfandbriefrendite ist um angemessene Beträge sowohl für ersparte Verwaltungsaufwendungen als auch für das entfallene Risiko des abzulösenden Darlehens zu kürzen. Die auf der Grundlage der so ermittelten Nettozinsverschlechterungsrate für die Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens sich ergebenden Zinseinbußen werden dann auf den Zeitpunkt der Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgezinst. Dabei wird auch hier der aktive Wiederanlagezins, das heißt, die Renditelaufzeit kongruenter Hypothekenpfandbriefe zugrunde gelegt.
Des Weiteren hieß es in den dem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag beigefügten „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ unter Ziff. 7.1:
Kündigung von Krediten mit Sollzinsbindung:
Der Kreditnehmer kann einen Kreditvertrag mit einem gebundenen Sollzinssatz ganz oder teilweise kündigen,
- wenn die Sollzinsbindung vor der für die Rückzahlung bestimmten Zeit endet und keine neue Vereinbarung über den Sollzinssatz getroffen ist, unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 1 Monat, frühestens für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet; ist eine Anpassung des Sollzinssatzes in bestimmten Zeiträumen bis zu einem Jahr vereinbart, so kann der Kreditnehmer jeweils nur für den Ablauf des Tages, an dem die Sollzinsbindung endet, kündigen;
- in jedem Fall nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten; wird nach dem Empfang des Kredits eine neue Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunktes des Empfangs.
Schließlich heißt es in den dem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag beigefügten „Allgemeinen Bedingungen für Kredite und Darlehen“ unter Ziff. 12.2:
„Im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag (vgl. Nummer 7.5) ist der Schaden zu ersetzen, der aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht. Diesen Schaden wird der Kreditgeber nach den vom Bundesgerichtshof für die Berechnung vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen berechnet, die insbesondere
- ein zwischenzeitlich gesunkenes Zinsniveau,
- die für den Kredit ursprünglich vereinbarten Zahlungsströme,
- den dem Kreditgeber entgehenden Gewinn,
- den mit der vorzeitigen Rückzahlung verbundenen Verwaltungsaufwand sowie
- die infolge der vorzeitigen Rückzahlung ersparten Risiko- und Verwaltungskosten berücksichtigen.
Die Vorfälligkeitsentschädigung wird folgende Beträge nicht überschreiten:
- ein Prozent bzw., wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung weniger als ein Jahr beträgt, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrages,
- den Betrag der Sollzinsen, den der Kreditnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.
Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ist ausgeschlossen, wenn die Rückzahlung aus den Mitteln einer Versicherung bewirkt wird, die aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung im Kreditvertrag abgeschlossen wurde, um die Rückzahlung zu sichern oder im Vertrag die Angaben über die Laufzeit des Vertrages, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend sind.
Das Landgericht Konstanz hat sein Urteil wie folgt begründet:
Den Klägern steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Rückzahlung der klägerseits geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.233,32 € nach § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 1 BGB zu.
[...]
Die Vertragsangaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sind unzureichend im Sinne von § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn sie nicht klar und verständlich im Sinne von Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB i.V.m. § 492 Abs. 2 BGB sind [...].
Maßgeblich ist die Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (OLG Frankfurt, a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Beschluss v. 19.03.2019 - XI ZR 44/18, juris). Es bedarf nicht der Darstellung einer finanzmathematischen Berechnungsformel. Dies trüge zu Klarheit und Verständlichkeit nichts bei. Vielmehr ist nach der Gesetzesbegründung aus systematischer Sicht der Verbraucherkreditrichtlinie entscheidend, dass der Darlehensnehmer die Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, falls er sich zur vorzeitigen Rückzahlung entschließt, zuverlässig abschätzen kann (BGH, Urteil v. 05.11.2019 - XI ZR 11/19, juris unter Hinweis auf BT-Drucks. 16/11 643, Seite 87). Danach ist im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode ausreichend, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt (BGH, a.a.O., m.w.N.). Nach diesen Maßstäben erweisen sich die Angaben der Beklagten in dem vorliegend streitgegenständlichen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag zur Berechnungsweise der Vorfälligkeitsentschädigung als unzureichend.
Nicht nur die Commerzbank, die Sparkasse und die VR-Bank haben ihre Kunden unrichtig über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung falsch aufgeklärt. Gegen viele Kreditinstitute sind in den letzten Monaten bereits verbraucherfreundliche Urteile ergangen. So hat etwa das Oberlandesgericht Saarbrücken mit Urteil vom 26.01.2023 die Sparda-Bank Südwest eG dazu verurteilt, ihren Kunden die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 13.768,05 € zurückzuzahlen.
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Sind die Informationen über die Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend, ist der Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ausgeschlossen (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
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Bevor Sie den Darlehensvertrag zurückführen, lassen Sie sich sich anwaltlich beraten. In vielen Fällen versuchen Bank mit weitreichenden Abgeltungsklauseln zukünftige Ansprüche auf Rückforderung der Vorfälligkeitsentschädigung bzw. des Vorfälligkeitsentgeltes auszuschließen. Dies geschieht zum Beispiel in der Form, dass mit dem Kunden eine Art Vergleichsvertrag geschlossen wird, der dann die folgende Klausel enthält:
"Mit Abschluss dieses Vertrages sind sämtliche Ansprüche des/der Kunden aus etwaigen Vertags- oder Belehrungsfehlern - gleich, ob bekannt oder nicht und gleich, ob aus Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft - abgegolten und erledigt."
Unsere Kanzlei hält solche Klauseln zwar für unwirksam. da Sie den Kunden unangemessen benachteiligen. Nichtsdestotrotz empfiehlt es sich, solche Klauseln von vornherein nicht zu unterzeichnen.
Leiten Sie uns die Unterlagen zur Ablösung des Darlehensvertrages zu. Wir prüfen innerhalb von 48 Stunden, ob Sie ein Risiko haben, den Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung zu verlieren.