Commerzbank: Widerrufsinformation

Die Commerzbank hat in den Jahren 2010 bis 2015 sehr unterschiedliche Widerrufsinformationen verwendet. Unsere Kanzlei hat festgestellt, dass in zahlreichen Fällen erhebliche Abweichungen vom jeweiligen gesetzlichen Muster festzustellen sind. In anderen Fällen sind in den Verträgen gesetzliche Pflichtangaben nicht oder falsch wiedergegeben. Eine beispielhafte Aufzählung, sortiert nach Jahren, finden Sie im Folgenden:

2014/2015 abgeschlossene Kreditverträge

Die Commerzbank verlangt von ihren Kunden, die finanzierte Immobilie gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden auf Kosten der Kunden zu versichern. Eine entsprechende Aufklärung über diese Pflicht war jedoch häufig nur im sog. Europäischen Standardisierten Merkblatt enthalten. Unter Punkte 10 ("Zusätzliche wiederkehrende Kosten)" war folgender Text zu lesen:

 

"Sie sind verpflichtet, das Gebäude samt Zubehör zum vollen - soweit möglich zum gleitenden - Neuwert gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden auf Ihre Kosten versichert zu halten".

 

Im eigentlichen Darlehensvertrag der Commerzbank wurde diese Verpflichtung jedoch nicht mehr erwähnt.  

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz

Die Erteilung aller Pflichtangaben ist für das Anlaufen der Widerrufsfrist maßgeblich (so ausdrücklich BGH-Richter Christian Grüneberg in seinem Aufsatz "Leitlinien der Rechtsprechung des BGH zur Widerrufsbelehrung bei Verbraucherdarlehensverträgen", veröffentlicht in Heft 1 (2019) der Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht (BKR)). In Art. 247  § 8 EGBGB ist nachzulesen:

 

§ 8 Verträge mit Zusatzleistungen

 

(1) Verlangt der Darlehensgeber zum Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags, dass der Darlehensnehmer zusätzliche Leistungen des Darlehensgebers annimmt oder einen weiteren Vertrag abschließt, insbesondere einen Versicherungsvertrag oder Kontoführungsvertrag, hat der Darlehensgeber dies zusammen mit der vorvertraglichen Information anzugeben. In der vorvertraglichen Information sind Kontoführungsgebühren sowie die Bedingungen, unter denen sie angepasst werden können, anzugeben.

 

Damit versäumte es die Commerzbank AG, ihren Kunden eine wichtige Pflichtangaben mitzuteilen. Die Darlehensverträge können noch heute - wie auch das OLG Düsseldorf mit  Urteil vom 30.06.2017 (Aktenzeichen: I-17 U 144/16) festgestellt hat - widerrufen werden.


2008 verwendete Widerrufsbelehrung:

Widerrufsbelehrung


Widerrufsrecht

Ich bin an meine Willenserklärung zum Abschluss dieses Vertrages nicht mehr gebunden, wenn ich sie binnen zwei Wochen widerrufe.


Form des Widerrufs

Der Widerruf muss in Textform (z.B. schriftlich, mittels Telefax- oder E-mail-Nachricht) erfolgen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. 


Fristlauf

Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir

- ein Exemplar dieser Widerrufserklärung und

- die Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages 

zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.


Adressat des Widerrufs

Der Widerruf ist zu senden an: Commerzbank Aktiengesellschaft [...] 

oder

Telefax-Nr.: (01802)... 


 

Widerrufsfolgen

Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist eine Leistung von der Bank enthalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. Kann ich die von der Bank erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren - beispielsweise, weil dies nach dem Inhalt der erbrachten Leistung ausgeschlossen ist - so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies kann dazu führen, dass ich  die vertraglichen Zahlungsverpflichtungen für den Zeitraum bis zum Widerruf gleichwohl erfüllen muss. Dies gilt auch für den Fall, dass er die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt hat. Die Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die erbrachte Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme. Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner Widerrufserklärung und muss die Bank innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen. 

Aktuelle Rechtsprechung

BGH: Commerzbank muss Vorfälligkeit zurückzahlen

Mit Beschluss vom 28.06.2021 hat der BGH bestätigt, dass die Commerzbank ihre Kunden falsch über die Vorfälligkeitsentschädigung aufgeklärt hat. Der BGH hat damit ein Urteil des Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vom 01.07.2020 (Aktenzeichen: 17 U 810/19) gehalten, in dem die Commerzbank dazu verurteilt worden war, die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 21.500,00 € an ihre Kunden zurückzahlen. Zur Begründung hatte das OLG ausgeführt, dass die Regelungen im Darlehensvertrag über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu kompliziert seien. 

mehr lesen

Vorfälligkeitsjoker: Bank muss Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen

Mit einem nunmehr veröffentlichten Urteil vom 01.07.2020 (Aktenzeichen: 17 U 810/19) hat das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. die Commerzbank AG dazu verurteilt, die vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung an die Kunden zurückzahlen. Zur Begründung führte das OLG aus, dass die Regelungen im Darlehensvertrag über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zu kompliziert seien. Betroffen waren Darlehensverträge aus dem Jahr 2016.

mehr lesen

Widerruf wegen fehlender Pflichtangabe über wiederkehrende Kosten

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hatte im Urteil vom 30.06.2017 (Aktenzeichen: I-17 U 144/16= über einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem eine Bausparkasse von ihren Kunden verlangt hatte, die finanzierte Immobilie gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden auf eigene Kosten (d.h. der Kunden) zu versichern. Eine entsprechende Aufklärung über diese Pflicht war jedoch lediglich im sog. Europäischen Standardisierten Merkblatt enthalten. Dort war war folgender Text zu lesen:

 

"Sie sind verpflichtet, das Gebäude samt Zubehör zum vollen, soweit möglich zum gleitenden Neuwert gegen Feuer-, Leitungswasser und Sturmschäden auf Ihre Kosten versichert zu halten. Die Kosten dafür zahlen Sie direkt an die von Ihnen gewählte Versicherungsgesellschaft.“

 

Im eigentlichen Darlehensvertrag der Commerzbank wurde diese Verpflichtung jedoch nicht mehr erwähnt.  

mehr lesen

Landgericht Amberg: Prolongation ist widerruflich

Weiterer Erfolg der Kanzlei Stenz & Rogoz: Das Landgericht Amberg hat mit Urteil vom 18.04.2019 (Az.: 24 O 1177/16) eine Anschlusszinsvereinbarung ("Vereinbarung zur Konditionenanpassung") der Hypothekenbank Frankfurt AG - einer 100 %-igen Tochter der Commerzbank AG - als widerruflich angesehen. Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass die Anschlusszinsvereinbarung auf dem Postwege zustande kam und damit im Fernabsatz erfolgte. Das Landgericht setzte sich dabei ausdrücklich mit der jüngst veröffentlichten Entscheidung des BGH vom 15.01.2019 (Az.: XI ZR 202/18) auseinander. Damit steht fest, dass nach wie vor Anschlusszinsvereinbarungen, bei denen es sich nicht um sog. unechte Abschnittsfinanzierungen handelt, selbständig widerrufbar sind. 

mehr lesen

Häufig verwendete Widerrufsbelehrung unwirksam

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in einem aktuell veröffentlichten Urteil (Az.: 6 O 4120/14) die folgende besonders häufig von den Banken verwendete Passage der Widerrufsbelehrung für unwirksam erklärt: 


"Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem Ihnen

• ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,

• die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags

zur Verfügung gestellt wurden, aber nicht vor dem Tag des Vertragsschlusses."

mehr lesen