Die Widerrufsbelehrungen der BBBank e.G.

Jedes Kreditinstitut hat seine Widerrufsbelehrungen seit 2002 immer wieder geändert. Bei den nachfolgenden aufgeführten Belehrungen handelt es sich um einige ausgewählte Exemplare, die unserer Kanzlei in den letzten Monaten zur Prüfung vorgelegt wurden. Sämtliche Belehrungen hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Dies bedeutet nicht, dass die anderen Belehrungen fehlerfrei sind. Denken Sie daran: Laut einer Studie der Verbraucherzentrale Hamburg erfüllen sage und schreibe rund 80 %  der Widerrufsbelehrungen die von den Gerichten formulierten Vorgaben nicht.

2005 verwendete Belehrung

 

 

In einer aktuellen Entscheidung vom 12.01.2016 (Az.: 22 O 334/15) hat das Landgericht Köln die Belehrung für unwirksam angesehen und u.a. mit folgenden Worten begründet:

 

"Diese Belehrung lässt nicht erkennen, ob der Hinweis, „der Lauf der Frist beginnt mit der Aushändigung der Ausfertigung der Vertragsurkunde und dieser Information über das Recht zum Widerruf an den Darlehensnehmer“ für alle Belehrungen gilt, also auch für solche, die taggleich mit dem Vertragsabschluss erfolgen oder nur für solche Belehrungen, in denen der Verbraucher gerade nicht taggleich mit dem Vertragsabschluss belehrt worden ist und in denen die Frist einen Monat beträgt. Der Satzzusammenhang zwischen dem Satzende des 2.Satzes „beträgt die Frist einen Monat“ und dem Beginn des folgenden Satzes „ Die Frist beginnt mit…“ legt für einen unvoreingenommenen Leser die Möglichkeit nahe, dass sich dieser Anschlusssatz über den Fristbeginn nur auf die nicht taggleiche Belehrungen bezieht. Für den Fall der taggleichen Belehrung wird für den rechtsunkundigen Verbraucher die Möglichkeit nahegelegt, dass in diesen Fällen der Lauf der zweiwöchigen  Frist – entgegen dem Gesetz-  bereits mit dem Vertragsschluss selbst beginnt."

 

2009 verwende Belehrung:

Die BBBank eG hat im Jahr 2009 u. a. die folgende Widerrufsbelehrung benutzt:

 

Widerrufsrecht

 

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angaben von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-mail) widerrufen. Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem Ihnen

 

- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und

- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags 

 

zur Verfügung gestellt wurden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

 

Der Widerruf ist zu richten an:

 

BBBank eG

Herrenstraße 2-10

76133 Karlruhe

[...]

 

Widerrufsfolgen

Im Falle eines wirksamen Widerrufs sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und gegebenenfalls gezogene Nutzungen (z.B. Zinsen) herauszugeben. [...]

 

Finanzierte Geschäfte

Widerrufen Sie diesen Darlehensvertrag, mit dem Sie Ihre Verpflichtungen aus einem anderen Vertrag finanzieren, so sind Sie auch an den anderen Vertrag nicht gebunden, wenn beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.‘Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.“

 

 

Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz:

 

Der Bundesgerichtshof hat bereits in seinen Entscheidungen vom 10.03.2009 (Az.: XI ZR 33/08) und vom 15.02.2011 (Az. XI ZR 148/10) zu einer nahezu identischen Widerrufsbelehrung festgestellt, dass diese nicht dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB entspricht. Zur Begründung führte der BGH in seinem Urteil vom 10.03.2009 u.a. aus:

 

„[Rz. 14] Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist deshalb gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren […]

 

[Rz. 16] Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig, weil sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - das unrichtige Verständnis nahe legt, die Widerrufsfrist beginne bereits einen Tag nach Zugang des mit der Widerrufsbelehrung versehenen Darlehensangebots der Beklagten zu laufen. Durch die Formulierung der in dem von der Beklagten übersandten Vertragsangebot enthaltenen Belehrung, die Widerrufsfrist beginne „einen Tag“ nach Mitteilung „dieser“ Belehrung und Zurverfügungstellung einer Vertragsurkunde, entsteht aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, 351, Tz. 16; BGH, Urteil vom 18. April 2005 - II ZR 224/04, WM 2005, 1166, 1168), der Eindruck, diese Voraussetzungen seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantrags der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang des Angebots der Beklagten zu laufen. Dies gilt umso mehr, als das Angebot der Beklagten mit "Darlehensvertrag" überschrieben ist, so dass für den unbefangenen Leser der Eindruck entsteht, es handele sich bei dieser Urkunde unabhängig von der Annahmeerklärung des Klägers um die in der Widerrufsbelehrung genannte Vertragsurkunde, die dem Kläger zur Verfügung gestellt wurde. Auf die von der Revision aufgeworfene Frage, ob das Berufungsgericht zu Recht in dem Angebot der Beklagten einen "Darlehensantrag" gesehen hat, kommt es daher nicht an. Entscheidend ist, dass die von der Beklagten verwendete Formulierung der Widerrufsbelehrung dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht entspricht, weil sie die unzutreffende Vorstellung hervorrufen kann, die Widerrufsfrist beginne unabhängig von einer Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach dem Zugang des Angebots der Beklagten nebst Widerrufsbelehrung.“

 

 

Jüngst haben sich das Landgericht Essen mit Urteil vom 09.10.2014 (Az.: 6 O 214/14, BeckRS 2015, 09182) sowie des OLG Hamm mit Urteil vom 25.03.2015 (Az.: 31 U 155/14, BeckRS 2015, 08430) ebenfalls mit der o. g. Widerrufsbelehrung auseinandergesetzt.

 

Das Landgericht Essen hat u.a. ausgeführt:


„Bedenken gegen die Ordnungsgemäßheit der Belehrung ergeben sich aber aus dem Gesichtspunkt, dass in den streitgegenständlichen Widerrufsbelehrungen Allgemeine Hinweise zur finanzierten Geschäften mit den speziellen Hinweisen zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken vermischt werden. So wird unter der Überschrift „finanzierte Geschäfte“ der nach dem Muster der BGB-InfoVO für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehene Satz 2 mit folgendem Inhalt aufgeführt:

‚Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn wir zugleich auch Ihr Vertragspartner im Rahmen des anderen Vertrags sind oder wir uns bei Vorbereitung oder Abschluss des Darlehensvertrages der Mitwirkung Ihres Vertragspartners bedienen.‘

Dieser Satz ist bei einem finanzierten Erwerb von Grundstücken ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 zum Muster der Widerrufsbelehrung in der BGB-InfoVO durch folgenden Satz zu ersetzen:

‚Dies ist nur anzunehmen, wenn die Vertragspartner in beiden Verträgen identisch sind oder wenn der Darlehensgeber über die Zur-Verfügung-Stellung von Darlehen hinausgeht und Ihr Grundstücksgeschäft durch Zusammenwirken mit dem Veräußerer fördert, indem er sich dessen Veräußerungsinteressen ganz oder teilweise zu Eigen macht, bei der Planung, Werbung oder Durchführung des Projekts Funktionen des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer einseitig begünstigt.‘ 

Eine solche Ersetzung hat in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung jedoch nicht stattgefunden; vielmehr ist der spezielle, für finanzierte Grundstückserwerber vorgesehene Satz direkt hinter den für allgemeine finanzierte Geschäfte vorgesehenen Satz 2 ergänzt worden. Dies hat die Folge, dass der Verbraucher eine eigene Subsumtionsleistung dahingehend erbringen muss, welche Art von Geschäft in seinem speziellen Fall vorliegt und welche Regelung damit für ihn einschlägig ist. Dies dürfte dem Erfordernis der Unmissverständlichkeit und Eindeutigkeit nicht entsprechen. Zudem handelte es sich im vorliegenden Fall bei den Darlehen um solche, die der Finanzierung eines Immobilienerwerbs dienten, so dass die Ersetzung gemäß dem Gestaltungshinweises Nr. 10 zwingend hätte vorgenommen werden müssen.

Da es sich vorliegend um Darlehen zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs handelt, erscheint die Belehrung auch noch in weiteren Punkten als falsch. Denn ausweislich des Gestaltungshinweises Nr. 10 sind bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Parenthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend zu entfernen. Auch dies ist nicht erfolgt. Stattdessen sind die betreffenden Passagen in den Widerrufsbelehrungen belassen worden, allerdings im Zusammenhang mit Darlehensverträgen, die die Überlassung einer Sache finanzieren. Auch insoweit stellt sich abermals die Frage, ob eine Widerrufsbelehrung immer noch hinreichend eindeutig ist, wenn sie dem Verbraucher eine Subsumtionsleistung abverlangt.“

Die zitierten Passagen wurden ausdrücklich durch das OLG Hamm mit Urteil vom 25.03.2015 (Az. 31 U 155/14) mit folgenden Worten bestätigt:

 

„Mit zutreffender Begründung hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprochen hat. Insbesondere hätten entsprechend der Nr. 10 der Gestaltungshinweise die allgemeinen Hinweise zu finanzierten Geschäften durch die speziellen Hinweise zu dem finanzierten Erwerb von Grundstücken ersetzt werden müssen. Ebenso hat das Landgericht mit zutreffender Begründung darauf hingewiesen, dass nach dem Gestaltungshinweises Nr. 10 bei dem finanzierten Erwerb eines Grundstücks von den für allgemeine finanzierte Geschäfte einschlägigen Hinweisen die Paranthese in Satz 9 sowie die Sätze 11 und 12 zwingend hätten entfernt werden müssen.“