(zuletzt aktualisiert am 30.12.2020)
Die AXA hat in den Jahren 2010 bis 2016 sehr unterschiedliche Widerrufsinformationen verwendet. Unsere Kanzlei hat festgestellt, dass in zahlreichen Fällen erhebliche Abweichungen vom jeweiligen gesetzlichen Muster festzustellen sind. In anderen Fällen sind in den Verträgen gesetzliche Pflichtangaben nicht oder falsch wiedergegeben.
Eine beispielhafte Aufzählung, sortiert nach Jahren, finden Sie im Folgenden:
Die von der AXA im Jahre 2011 verwendete Widerrufsinformation lautete meistens wie folgt:
7 Widerrufsinformation
Widerrufsrecht
Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angaben zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.
Sie haben alle Pflichtangaben erhalten, wenn sie in der für Sie bestimmten Ausfertigung Ihres Antrags oder in der für Sie bestimmten Ausfertigung der Vertragsurkunde oder in einer für Sie bestimmten Abschrift des Antrags oder der Vertragsurkunde enthalten sind und Ihnen eine solche Unterlage zur Verfügung gestellt worden ist. Über in den Vertragstext nicht aufgenommene Pflichtangaben können Sie nachträglich in Textform informiert werden; die Widerrufsfrist beträgt dann einen Monat. Sie sind mit den nachgeholten Pflichtangaben nochmals auf den Beginn der Widerrufsfrist hinzuweisen. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an
AXA Krankenversicherung Aktiengesellschaft […]
Widerrufsfolgen
Sie haben innerhalb von 30 Tagen das Darlehen, soweit es bereits ausbezahlt wurde, zurückzuzahlen und für den Zeitraum zwischen der Auszahlung und der Rückzahlung des Darlehens den vereinbarten Sollzins zu entrichten. Die Frist beginnt mit der Absendung der Widerrufserklärung. Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von 18,65 EUR zu zahlen. Dieser Betrag verringert sich entsprechend, wenn das Darlehen nur teilweise in Anspruch genommen wurde. Wenn Sie nachweisen, dass der Wert Ihres Gebrauchsvorteils niedriger war als der Vertragszins, müssen Sie nur den niedrigeren Betrag zahlen. Dies kann z.B. in Betracht kommen, wenn der marktübliche Zins geringer war als der Vertragszins.
In der Widerrufsinformation, die im sog. "Europäischen Standardisierten Merkblatt" enthalten war, hieß es in der entscheidenden Passage – nämlich zur Frage des Beginns der Widerrufsfrist – wie folgt:
Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe des effektiven Jahreszinses, Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags, Angabe der für die Darlehensgeberin zuständigen Aufsichtsbehörde) erhalten haben.
Die entsprechende Formulierung im Vertragsdokument lautete hingegen:
Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrages, aber erst, nachdem Sie alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten haben.
Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz
(Stand: 02.10.2020)
Der BGH hat schon vor Jahren klargestellt (Aktenzeichen II ZR 352/02):
"[B]leibt aber ein Widerspruch zwischen den beiden Belehrungen […] fehlt es insgesamt an einer unmissverständlichen Belehrung."
Hinzu kommt, dass in den Vertragsunterlagen die richtigen „Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags“ fehlen. Diesbezüglich hat schon der Gesetzgeber darauf hingewiesen, dass auch die Möglichkeit anzugeben sei, den Darlehensvertrag gemäß § 314 BGB außerordentlich zu kündigen (BT-Drs. 16/11643, S. 128; Palandt-Weidenkaff, EGBGB, Art. 247 § 6, Rn. 2). Diese Angabe kann den Vertragsunterlagen der AXA aber gerade nicht entnommen werden.
Damit dürften Darlehensverträge der AXA, die den aufgezeigten Widerspruch enthalten, noch heute widerrufbar sein.
In den Darlehensvertragsunterlagen findet sich im Jahr 2013 hingegen unter Ziff. 1.8 die nachstehende Regelung:
„Für die Zeit nach dem vereinbarten Zeitraum der Sollzinsbindung sind die Konditionen zwischen Vertragsparteien neu zu vereinbaren. […]
Können sich die Vertragsparteien innerhalb von 4 Wochen nach diesem Konditionenangebot hierüber nicht einigen, wird das Darlehen zu den dann bei der Darlehensgeberin üblichen Konditionen jedoch ohne gebundenen Sollzinssatz und mit der Möglichkeit der Darlehensgeberin zur jederzeitigen Konditionenanpassung fortgesetzt. Die Darlehensgeberin wird den Darlehensnehmer dann über die Höhe des angepassten Sollzinssatzes, die Höhe der angepassten Teilzahlungen sowie Zahl und Fälligkeit der Teilzahlungen unterrichten. Der Darlehensnehmer kann dann jederzeit ein Konditionenangebot verlangen.“
Stellungnahme der Kanzlei Stenz & Rogoz
(zuletzt aktualisiert: 02.10.2020)
Der Gesetzestext spricht in Art. 247 § 3 Abs. 4 EGBGB davon, dass der Sollzinssatz anzugeben ist, wenn dieser von einem Index oder Referenzzinssatz „abhängig“ ist.
Auslegungsbedürftig ist, um welche Art der Abhängigkeit es sich hierbei handelt. Zunächst ist anerkannt, dass der sog. Hauptrefinanzierungssatz als „eigentlicher Leitzins“ der EZB vordergründig regelt, wie gut Banken sich mit frischen Geldmengen versorgen können. Denn um Mittel zur Kreditvergabe bereitzustellen, müssen sie sich refinanzieren. Das dafür nötige Geld können die Banken von der EZB erhalten. Rund 75 Prozent des gesamten Refinanzierungsvolumens nehmen Banken über die EZB vor. Angesichts dieser Größenordnung kann die EZB über den Hauptrefinanzierungssatz indirekt den Geld- und Kapitalmarkt beeinflussen. Senkt die EZB den Zinssatz, können sich Banken in der Regel günstiger refinanzieren. Kostenvorteile werden teilweise an die Kunden weitergegeben. Die Folge: Unternehmen und Privatleute nehmen Kredite zu besseren Konditionen auf. Erhöht die EZB den Leitzins hingegen, steigen auch die Zinsen für Kredite.[1] Damit sind die bei Ihnen geltenden „üblichen Konditionen“ aber zumindest indirekt von der Höhe des Hauptrefinanzierungssatzes abhängig.
Nachdem das Gesetz keinen Hinweis darauf enthält, dass eine direkte Abhängigkeit erforderlich ist und es sich bei Art. 247 § 9 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 5, § 3 Abs. 4 EGBGB um verbraucherschützende Vorschriften handelt, ist anzunehmen, dass eine indirekte Abhängigkeit genügt, um die Erforderlichkeit eines Hinweises auf den Index oder Referenzzinssatz zu begründen.
Damit hätte die AXA nach Ansicht der Rechtsanwälte Stenz und Rogoz angegeben müssen, dass ihre „üblichen Konditionen“ zumindest indirekt vom dann gültigen Hauptrefinanzierungssatz der EZB abhängen.
[1] vgl. nur: Die Geldpolitik der EZB 2011 (Hrsg.: EZB), veröffentlicht unter https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/other/monetarypolicy2011de.pdf , S. 63 f.; https://www.weltsparen.de/glossar/ezb-leitzins/)
Mit Urteil vom 15. Mai 2024 (Az.: VIII ZR 226/22) hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass einem in Deutschland wohnhaften Verbraucher hinsichtlich über Fernkommunikationsmittel mit einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen ohne Widerrufsbelehrung abgeschlossener "Kauf- und Dienstleistungsverträge" über Teakbäume in Costa Rica ein Widerrufsrecht zusteht und dass dieses nicht zeitlich befristet ist.
Der Bundesgerichtshof hat am 21.11.2023 eine Klausel in den Riester-Altersvorsorgeverträgen mit der Bezeichnung "S VorsorgePlus Altersvorsorgevertrag nach dem Altersvermögensgesetz (Sparkonto mit Zinsansammlung)" unwirksam ist (BGH XI ZR 290/22). Diese Klausel lautete
Die beklagte Sparkasse Günzburg-Krumbach verwendet in ihren Sonderbedingungen folgende Klausel: "Im Falle der Vereinbarung einer Leibrente werden dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet." Diese hält der BGH für unklar und unverständlich.
Betroffen sind zahlreiche Riester-Verträge von Sparkassen aus dem ganzen Bundesgebiet. Vom BGH noch nicht entschieden wurde, ob auch Riester-Verträge der VR-Banken (die Verträge heißen meistens VR-RentePlus) unwirksam sind.
Die Allianz muss einen sog. Rürup-Vertrag (Allianz BasisRente IndexSelect) wegen Widerrufs rückabwickeln. Der Bundesgerichtshof hat mit nunmehr veröffentlichtem Urteil vom 11.10.2023 (Aktenzeichen: IV ZR 41/22)
eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 20.01.2022 (Aktenzeichen: 7 U 46/21) bestätigt. Die Allianz, so der BGH, habe ihren Kunden nicht ordnungsgemäß über einen möglichen Nutzungsherausgabeanspruch belehrt. Der Kunde konnte damit Jahre nach Vertragsschluss die Rückabwicklung des Vertrages verlangen. Eine Kündigung eines Rürup-Vertrages ist hingegen nicht möglich.
Ein Darlehensvertrag mit einem Nominalzinssatz von 15,20 % und einem Effektivzinssatz von 18,40 % ist nach Ansicht des Landgerichts Erfurt (Urteil vom 15.05.2023, Aktenzeichen: 9 O 101/23) wegen Wucher sittenwidrig und nichtig, wenn es einem Darlehensnehmer ausbezahlt wird, der nur 2.000,00 € pro Monat verdient. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere einen Vergleich zwischen dem Zins und der EWU-Zinsstatistik für Konsumentenkredite mit einer Laufzeit von bis zu 5 Jahren (SUD 114) zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses herangezogen. Weicht dieser um 100 % ab, ist von Sittenwidrigkeit auszugehen.
Die Frist zur Überprüfung der Voraussetzungen der Corona-Soforthilfen und ggf. der (teilweisen) Rückzahlung der empfangenen Unterstützungszahlung läuft am 30.06.2023 aus. Hiervon betroffen sind viele bayerischen Friseurinnen und Friseure, Gastronome und Hoteliers.
Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Unternehmer, die sich gegen die Rückzahlung wenden. Im Mai und Juni 2020 haben diese im guten Glauben, die Soforthilfen nicht zurückzahlen zu müssen viele Überstunden geleistet, um ihre Kunden zu bewirten oder ihnen den langersehnten Haarschnitt zu verschaffen. 3 Jahre nach Ende der ersten Pandemie sollen sie deswegen Corona-Soforthilfen zurückbezahlen. Das kann nicht sein!
Weitere Informationen finden Sie unter