BGH: Keine Gesetzlichkeitsfiktion (Finanzierung eines Pkw Mercedes-Benz)

Mit Urteil vom Urteil vom 10.11.2020 – XI ZR 426/19 - hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass ein Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht aufgeklärt wird, wenn die Widerrufsinformation einerseits den sog. "Kaskadenverweis" enthält und andererseits gegen das gesetzliche Belehrungsmuster abweicht. Im konkreten Fall fehlten teilweise die erforderlichen Zwischenüberschriften.  Der Bundesgerichtshof hob damit das Urteil des OLG Stuttgart vom 30.07.2019 (Az.: 6 U 210/18) auf.

Konkret ging es um die nachstehende Belehrung:

 

Der Bundesgerichtshof begründete sein Urteil auszugsweise wie folgt:

 

Die Beklagte kann sich nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB aF berufen [...]. Dies setzt voraus, dass die Widerrufsinformation der Beklagten dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF entspricht. Dies ist, was der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 26), nicht der Fall.

 

In der Widerrufsinformation der Beklagten fehlen entgegen den bei einem mit einem Darlehensvertrag verbundenen Vertrag nach § 358 BGB - hier von der Beklagten zutreffend mit dem Fahrzeug-Kaufvertrag und dem Beitritt zum Kaufpreisschutz angegeben - anwendbaren Gestaltungshinweisen 2 und 6 die beiden zwingend vorgeschriebenen Unterüberschriften „Besonderheiten bei weiteren Verträgen“ sowie die nach Gestaltungshinweis 6g zwingend vorgeschriebene Überschrift „Einwendungen bei verbundenen Verträgen“. Damit entspricht die Widerrufsinformation der Beklagten nicht dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB aF. Das Fehlen der (Unter-)Überschriften stellt auch nicht lediglich ein unbeachtliches Redaktionsversehen dar, das unter Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 5 EGBGB subsumiert werden könnte (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 25 und 27 mwN zu § 14 Abs. 3 BGB-InfoV in der zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung).

 

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

 

Der Kläger erwarb im August 2014 einen gebrauchten Mercedes zum Kaufpreis von 26.600 €. Zur Finanzierung des über die Anzahlung von 24.800 € hinausgehenden Kaufpreises und der Versicherungsprämie für einen zugleich abgeschlossenen sogenannten Kaufpreisschutz in Höhe von 763,20 € schlossen die Parteien mit Datum vom 7. August 2014 einen Darlehensvertrag über 2.563,20 € mit einem gebundenen Sollzinssatz von 4,17% p.a. Zins- und Tilgungsleistungen sollten in 48 Monatsraten zu jeweils 58,07 € erbracht werden.

 

Als Sicherheiten räumte der Kläger der Beklagten das Eigentum an dem Fahrzeug ein und trat an sie Ansprüche aus Arbeitsentgelt und auf Versorgungsbezüge ab. Nach Nummer II der Allgemeinen Darlehensbedingungen (Stand: 06/2015) der Beklagten dienten die Sicherheiten „zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung gleich aus welchem Rechtsgrund“. 

 

Hinweis der Kanzlei Stenz & Rogoz:

 

Erneut stellte der Bundesgerichtshof klar, dass ein Verbraucher bei einem Autokredit zumindest dann nicht ordnugsgemäß belehrt wurde, wenn die Widerrufsinformation nicht eins zu eins dem gesetzlichen Belehrungsmustertext entsprach. Dann schlägt sich der europarechtswidrige Kaskadenverweis auf die Belehrung durch.

 

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